Auf Antrag der AfD hat der Bundestag über das offenbar von Russland abgehörte Gespräch von Bundeswehroffizieren zu einem möglichen Einsatz des Taurus-Marschflugkörpers in der Ukraine diskutiert. Der AfD-Verteidigungspolitiker Rüdiger Lucassen sagte am Mittwoch in einer Aktuellen Stunde, die Abhöraffäre offenbare „wieder einmal den ganzen Dilettantismus dieser Regierung“. Koalitionsvertreter warfen der AfD ihrerseits vor, sich zum „Handlanger“ von Russlands Präsident Wladimir Putin zu machen.
In Russland war Anfang März ein abgehörtes Gespräch zwischen Luftwaffen-Inspekteur Ingo Gerhartz und drei weiteren hochrangigen deutschen Offizieren veröffentlicht worden. Darin erörterten diese detaillierte Einsatzszenarien für den deutschen Marschflugkörper Taurus, falls dieser an die Ukraine geliefert würde. Gerhartz und ein weiterer Teilnehmer hatten zur Einwahl in das sensible Gespräch unsichere Verbindungen genutzt.
Die Abhöraffäre habe „enormen Schaden“ angerichtet, weil die Beteiligten „Staatsgeheimnisse“ ausgeplaudert hätten, sagte Lucassen. Während der Militärgeheimdienst MAD offenbar versagt habe, gebe die Koaliton nun „Putin die Schuld, dass Russland das geheime Gespräch abgehört hat“. Dies sei aber selbst unter Verbündeten normal, wie das Abhören von Ex-Kanzlerin Angela Merkel (CDU) durch die USA gezeigt habe.
Der SPD-Abgeordnete Falko Droßmann kritisierte daraufhin „die Genugtuung und Freude“ der AfD an dem russischen Spionageerfolg. Dies sei „widerwärtig und zutiefst unpatriotisch“.
Die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann warf der AfD vor, dem „Drehbuch“ Moskaus zu der Affäre zu folgen. „Sie sind der verlängerte Arm von Wladimir Putin.“ Strack-Zimmermann begrüßte vor diesem Hintergrund, dass Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) „nicht dem Reflex nachgegeben hat, dass dieses Fehlverhalten zwingend personelle Konsequenzen haben muss“. Denn genau darauf ziele die Veröffentlichung des Gesprächs durch Russland.
„Wer macht sich nun einmal mehr zum Handlanger Putins? Es ist die AfD“, sagte auch die Grünen-Abgeordnete Agnieszka Brugger. Die Partei verhalte sich „im Umgang mit den Leaks perfekt nach Putins Drehbuch“. Brugger forderte als Konsequenz aus der Abhöraffäre gleichzeitig einen besseren Schutz von sensibler Kommunikation und eine handlungsfähigere Spionageabwehr.
Der CDU-Abgeordnete Jens Lehmann betonte, spätestens jetzt müsse „dem letzten naiven Russland-Freund“ klar sein, „dass Russland nicht nur in der Ukraine einen physischen Krieg führt, sondern auch asymmetrisch in Deutschland“. Lehmann verlangte von Verteidigungsminister Pistorius gleichzeitig eine vollständige Aufklärung. Dieser war bei der Debatte anwesend, sprach aber nicht selbst.
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