Das Bundeswirtschaftsministerium will mit einem neuen milliardenschweren Förderprogramm den klimafreundlichen Umbau der Industrie vorantreiben: mit der Versteigerung von Klimaschutzverträgen. Sie sollen dort, wo klimafreundliche Produktionsverfahren gegenwärtig noch nicht konkurrenzfähig betrieben werden können, die Mehrkosten im Vergleich zu konventionellen Verfahren ausgleichen, wie Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Dienstag mitteilte. In den ersten beiden Gebotsrunden stehen insgesamt bis zu 23 Milliarden Euro zur Verfügung.
„Mit den Klimaschutzverträgen stellen wir sicher, dass die Transformation in den Unternehmen gelingt. Wir sichern Arbeitsplätze und Wettbewerbsfähigkeit und schützen das Klima“, sagte Habeck in Berlin beim Start der ersten Gebotsrunde.
Die Klimaschutzverträge richten sich an Firmen, bei denen sich Investitionen in klimafreundliche Anlagen ohne finanzielle Förderungen nicht rechnen würden, etwa in der Stahl-, Zement-, Papier- oder Glasindustrie. Der Bund zahlt über eine Laufzeit von 15 Jahren zunächst die Mehrkosten, die im Vergleich von klimafreundlicher und konventioneller Produktion entstehen.
Werden grüne Anlagen dann in der Zukunft günstiger als im Gebot der Unternehmen angenommen, dreht sich die Finanzierung um und die Unternehmen zahlen die Mehreinnahmen an den Staat zurück. Sind die Preise höher als erwartet, zahlt wiederum der Staat mehr Geld.
Gleichzeitig sollen die Klimaschutzverträge unmittelbar schädliche Emissionen verringern: „Allein die geförderten Anlagen aus der ersten Gebotsrunde werden mehrere Millionen Tonnen CO2 einsparen“, sagte Habeck. Insgesamt könnten über die Laufzeit des Förderprogramms bis 2045 rund 350 Millionen Tonnen CO2 vermieden werden.
In der ersten Runde werden bis zu vier Milliarden Euro über die Laufzeit von 15 Jahren ausgeschüttet, eine weitere Förderrunde mit bis zu 19 Milliarden Euro ist Ende dieses Jahres geplant. Insgesamt sprach Habeck von einer Summe im „mittleren zweistelligen Milliardenbereich“ über vier Gebotsrunden. Pro Unternehmen ist die Fördersumme zunächst auf eine Milliarde Euro gedeckelt.
Es ist das europaweit erste Gebotsverfahren für Klimaschutzverträge. Erst im Februar hatte die EU-Kommission grünes Licht gegeben. Habeck will nach eigenen Äußerungen mit den Klimaschutzverträgen „international neue Standards für eine effiziente und bürokratiearme Förderung“ setzen.
Um an dem Gebotsverfahren teilzunehmen, mussten die interessierten Unternehmen bereits an einem vorbereitenden Verfahren teilnehmen. Wurden sie zugelassen, müssen sie nun angeben, wie viel Euro sie benötigen, um mit einer neuen Technologie eine Tonne CO2 einzusparen, wie das Bundeswirtschaftsministerium erklärte. Wer besonders günstig Treibhausgase einsparen kann, erhält den Zuschlag für die Fördermittel. Die Firmen haben dazu vier Monate Zeit.
Am ersten Zulassungsverfahren nahm ein „hoher zweistelliger, fast dreistelliger Betrag“ an Unternehmen aus der energieintensiven Industrie teil, wie Minister Habeck ausführte. Wer im aktuellen Verfahren leer ausgeht, kann an der nächsten Runde erneut teilnehmen.
Die Industrie begrüßte die neue Förderung. „Die Klimaschutzverträge werden gebraucht, um die nachhaltige Transformation voranzubringen“, erklärte der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und mahnte zugleich: Damit die Unternehmen zukunftssicher planen können, müsse die Finanzierung gesichert sein. Dass der genaue Betrag dabei Gegenstand der Haushaltsverhandlungen sei, könne zu Unsicherheiten führen.
Die Umweltschutzorganisation Greenpeace warnte derweil davor, die Klimaschutzverträge als „rein marktwirtschaftliches Instrument“ einzusetzen. Damit die Förderung einen Beitrag zur Modernisierung der Industrie in der Klimakrise leisten könne, dürften nur Unternehmen gefördert werden, die CO2 gar nicht erst entstehen ließen, etwa indem Stahlunternehmen auf grünen Wasserstoff setzten. Für blauen Wasserstoff oder Erdgas dürfe es keine Förderung geben. „Das wäre ein weiter so mit den Fossilen“, sagte Greenpeace-Geschäftsführer Martin Kaiser.
Wie groß der CO2-Ausstoß energieintensiver Industrien derzeit ist, zeigte auch eine am Dienstag veröffentlichte Studie des Öko-Instituts im Auftrag des WWF. Demnach verursachten die zwölf größten Chemieparks in Deutschland insgesamt 23 Millionen Tonnen CO2 im Jahr 2022.
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