Die Forderung von Landkreistag-Präsident Reinhard Sager nach einer Arbeitspflicht für Asylsuchende stößt auf Kritik. „Indem Herr Sager so tut, als wollten Asylbewerber nicht arbeiten, befeuert er den Populismus“, sagte der Regionspräsident von Hannover, Steffen Krach (SPD), dem Magazin „Stern“. Als Mitglied im Landkreistag sehe er sich durch die Aussagen Sagers nicht vertreten.
Solche Debatten nützten „am Ende nur der AfD“, warnte Krach. Er forderte stattdessen den Abbau bürokratischer Hürden für eine reguläre Arbeitsaufnahme von Geflüchteten. Viele von ihnen seien „hochqualifiziert und könnten in den Arbeitsmarkt integriert werden“.
„Es ist rassistisch und menschenverachtend zu suggerieren, dass Geflüchtete arbeitsunwillig seien“, erklärte auch die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl. Deren Sprecher Tareq Alaows wandte sich dagegen, Schutzsuchende „jetzt zur Arbeit unter ausbeuterischen Verhältnissen zu 80 Cent pro Stunde zu verpflichten“, während vielen von ihnen eine reguläre Arbeitserlaubnis verwehrt werde. Die Vorschläge Sagers grenzten an „Zwangsarbeit“.
Wer Geflüchtete als billige Arbeitskräfte für 80 Cent pro Stunde beschäftige, unterlaufe Tarifverträge und Mindestlöhne, kritisierte Linken-Parteichefin Janine Wissler. „So drängt man die Asylbewerber in die Rolle von Lohndrückern. Das fördert nicht die Integration, sondern die Lohnkonkurrenz zu Menschen im Niedriglohnbereich“, warnte sie. Auch Wissler verlangte, besser die „bestehenden Hürden und Arbeitsverbote für Geflüchtete“ abzubauen.
Unterstützung für Sager kam von Thüringens CDU-Chef Mario Voigt. „Wir müssen die Botschaft aussenden: Wer in Deutschland die Solidarität der Gemeinschaft erfährt, muss dafür auch etwas zurückgeben“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Zugleich werde damit ein Signal gegeben „für notwendige Begrenzung von Zuwanderung“.
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) wies darauf hin, dass es nach geltendem Recht ohnehin bereits zulässig sei, „dass die Kommunen Asylbewerber, die in Gemeinschaftsunterkünften leben, zu gemeinnütziger Arbeit verpflichten können. „Im Einzelfall“ möge dies auch sinnvoll sein, um Menschen „während der mitunter langen Wartezeit in Sammelunterkünften zu beschäftigen.“ Das Ziel müsse jedoch vor allem sein, anerkannte Flüchtlinge „dauerhaft in sozialversicherungspflichtige Arbeit zu bringen“, sagte auch Heil.
Der Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt ist für neu ankommende Geflüchtete stark eingeschränkt. Nach geltender Rechtslage dürfen Asylbewerber grundsätzlich erst nach drei Monaten einer Arbeit nachgehen – wer in einer Aufnahmeeinrichtung leben muss und kein minderjähriges Kind hat, sogar erst nach neun Monaten.
Geduldete oder Geflüchtete in einer Aufnahmeeinrichtung mit minderjährigem Kind dürfen nach sechs Monaten arbeiten. Asylbewerber aus sogenannten sicheren Herkunftsstaaten, die nach August 2015 ihren Asylantrag gestellt haben, haben grundsätzlich keinen Zugang zum Arbeitsmarkt.
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