FDP will Zahl der Spenderorgane durch neue Todesdefinition erhöhen

Die FDP-Bundestagsfraktion will die medsizinischen Hürden für Organspenden senken, um die Zahl der verfügbaren Spenderorgane zu erhöhen.

Bislang muss vor einer Entnahme zwingend der Hirntod nachgewiesen werden – künftig soll auch die Feststellung eines Herz-Kreislauf-Stillstands ausreichen: Dies sieht ein Antrag vor, den die FDP-Fraktion am Dienstag verabschieden sollte. Eine derartige Änderung der Todesdefinition könne Leben retten, erklärte der Initiator des Antrags, der FDP-Bundestagsabgeordnete Andrew Ullmann.

„Der Aufwand zur Feststellung des Hirntods ist immens hoch und schränkt dadurch die Zahl der potenziellen Spender von vornherein ein“, erklärte Ullmann. Der Tod nach einem anhaltenden Kreislaufstillstand sei medizinisch mit dem Hirntod gleichzusetzen. Der Gesetzgeber habe die Pflicht, „mehr Menschen eine Organtransplantation zu ermöglichen und damit Leben zu retten“, betonte Ullmann.

„Noch immer steht der Anzahl an Organspendern ein Vielfaches an Menschen auf der Warteliste gegenüber: Ende 2023 warteten 8716 Menschen auf ein rettendes Spenderorgan“, sagte die FDP-Rechtspolitikerin Katrin Helling-Plahr der „Welt“. Viele der Wartenden würden sterben, ohne je ein Spenderorgan zu erhalten. ,Nur wenige Patienten erleiden auf der Intensivstation einen Hirntod, also den unumkehrbaren Ausfall der gesamten Hirnfunktionen. Die meisten sterben an Herz-Kreislauf-Versagen. In vielen anderen europäischen Ländern und den USA sind Organspenden nach einem Herztod bereits erlaubt.

In Deutschland gaben Mediziner in der Vergangenheit zu bedenken, die Feststellung des Herz-Kreislauf-Todes berge ein höheres Risiko für Fehldiagnosen. Diese Ansicht vertrat am Dienstag auch Eugen Brysch von der Deutschen Stiftung Patientenschutz. Nur beim Hirntod sei der Tod „irreversibel“, erklärte Brysch. „Diese Unumkehrbarkeit gibt es beim Herzstillstand nicht.“

Der Patientenschützer wies darauf hin, dass die Regelungen in anderen europäischen Ländern zur Organentnahme nach Herzstillstand sehr ausdifferenziert seien. So werde unterschieden, ob der Herzstillstand plötzlich oder erwartet eintritt. Ebenso spiele eine Rolle, ob die Organentnahme fünf, zehn oder 20 Minuten nach Herzstillstand erfolgt. „Doch genau zu diesen Fakten findet sich nichts im FDP-Antrag“, kritisierte Brysch.

Für Kritik sorgte der FDP-Vorstoß auch bei Abgeordneten, die sich im Bundestag für eine so genannte Widerspruchslösung einsetzen; eine solche gesetzliche Neuregelung würde darauf abzielen, dass potenziell jeder Mensch nach seinem Tod als Organspender angesehen wird, wenn er zu Lebzeiten nicht ausdrücklich widerspricht. Dies würde die Zahl der Spenderorgane deutlich erhöhen.

Die von der FDP angestoßene Herztod-Debatte könnte „die Debatte um die Widerspruchsregelung überlagern und damit gefährden“, sagte die CDU-Abgeordnete Gitta Connemann den Zeitungen der Mediengruppe Bayern. „Der unumkehrbare Ausfall der gesamten Hirnfunktionen ist Voraussetzung zur Organspende. Das wollen wir nicht ändern.“ Connemann ist Mitinitiatorin eines parlamentarischen Gruppenantrags zur Einführung der Widerspruchslösung.

Auch der Grünen-Gesundheitspolitiker Armin Grau, ebenfalls Unterzeichner des Gruppenantrags , hält eine Änderung der Kriterien für „nicht entscheidungsreif“, wie er der Mediengruppe Bayern sagte. Grau forderte dazu eine vertiefte  Diskussion  unter medizinischen Experten.

Die Zahl der verfügbaren Spenderorgane bleibt in Deutschland seit langem hinter dem Bedarf zurück. Versuche von Bundestagsabgeordneten, die Zahl der Spenden durch gesetzliche Neuregelungen zu steigern, haben bislang im Parlament keine Mehrheit gefunden. Die Organspende erfolgt in Deutschland nur, wenn jemand dies vor seinem Tod klar erlaubt hat – zum Beispiel mit dem Organspendeausweis – oder wenn die Angehörigen zustimmen.
© AFP

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