Estlands Ministerpräsidentin Kaja Kallas hat eindringlich zur Unterstützung der Ukraine im Abwehrkampf gegen Russland aufgerufen und zugleich Verständnis für die Zurückhaltung der Bundesregierung bei der Lieferung bestimmter Waffenarten geäußert. In den ARD-„Tagesthemen“ sagte Kallas am Dienstagabend, vom Ausgang des Krieges in der Ukraine hänge es ab, ob der russische Präsident Wladimir Putin zur Gefahr für die Nato werde.
„Wenn wir nicht genug tun, um ihn dort zu stoppen, wird es weitergehen“, warnte die estnische Regierungschefin über den Kreml-Chef. „Bei jedem weiteren Schritt wird er noch mutiger werden. Das dürfen wir nicht vergessen.“ Kallas mahnte, in der Nato gebe es „keine Länder erster oder zweiter Klasse, da sind wir alle gleich“. Deshalb müssten die Bündnispartner „alles tun, um ihn jetzt zu stoppen“.
Zur Kritik an der Bundesregierung, weil sie der Ukraine bislang nicht die von ihr gewünschten Marschflugkörper vom Typ Taurus geliefert hat, sagte Kallas in den „Tagesthemen“: „Deutschland sollte selbst entscheiden, was es tun kann und was nicht.“ Sie lobte Deutschlands bisherige Unterstützung für die Ukraine bei der Abwehr des russischen Angriffskrieges. „In absoluten Zahlen hat Deutschland unter den europäischen Ländern die Ukraine am meisten unterstützt. Im Vergleich zum Vorjahr hat es seine Unterstützung sogar verdoppelt“, sagte sie.
Kallas war am Dienstagabend mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zu Gast beim traditionellen Matthiae-Mahl in Hamburg, einem seit 1356 in Hamburg begangenen Festmahl. Bei ihrem Deutschland-Besuch wollte sie nach eigenen Angaben mit Scholz erörtern, wie sie gemeinsam andere Länder überzeugen können, ebenfalls mehr zur Unterstützung der Ukraine zu tun. „Unsere Einheit ist unsere Stärke. Wir sollten einander nicht bekämpfen, sondern uns darauf konzentrieren herauszufinden, was wir tun können, um den Krieg zu beenden“, sagte Kallas in der ARD.
Scholz verwies am Dienstagabend im Onlinedienst X (früher Twitter) auf die gemeinsamen demokratischen Werte der EU- und Nato-Partner Deutschland und Estland und fügte hinzu: „Als Freunde der Freiheit wissen wir: Hört die Ukraine auf zu kämpfen, gibt es keine Ukraine mehr. Deshalb stehen wir an ihrer Seite!“,
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