Die Kritik an Ungarns Ankündigung, die Einreise-Bedingungen für russische und belarussische Staatsbürger zu lockern, reißt nicht ab. Unionspolitiker und das Bundesinnenministerium forderten Konsequenzen für den Nato- und EU-Staat. „Wer Russen ohne Prüfung in die EU lässt, der gefährdet massiv die Sicherheit Europas“, sagte der Fraktionsvorsitzende der Konservativen im EU-Parlament, Manfred Weber (CSU), der „Bild am Sonntag“.
„Die Spione und Mörder Putins haben schon viel Schaden in der EU und Deutschland angerichtet“, sagte Weber weiter. Die EU-Staats- und Regierungschefs müssten das Thema bei ihrem nächsten Gipfeltreffen klären. „Es muss Konsequenzen geben.“
„Die Gefahr von russischer Spionage und Sabotage ist hoch und hat sich seit dem Beginn von Russlands völkerrechtswidrigem Angriffskrieg gegen die Ukraine weiter verschärft“, erklärte ein Sprecher von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Die EU-Länder müssten daher den Schutz erhöhen, anstatt „potenzielle Einfallstore“ zu schaffen, sagte er der „BamS“.
Es brauche „gründliche und strikte Visa-Prüfungen“ auch vor dem Hintergrund des diese Woche vollzogenen Gefangenenaustauschs zwischen Russland und westlichen Ländern, sagte der Grünen-Bundestagsabgeordnete Marcel Emmerich dem Berliner „Tagesspiegel“. Ungarns geplante Lockerungen bei den Einreisebestimmungen bereiteten „große Sorge und könnten Handlungsbedarf erfordern“.
Ungarns Regierungschef Viktor Orban hatte Anfang Juli ein Dekret unterzeichnet, mit dem das Schnellverfahren für die Erteilung von Visa in Ungarn wieder auf Russland und Belarus sowie sechs weitere Staaten ausgeweitet wurde. Staatsbürger dieser Länder können nun sogenannte nationale Karten beantragen, um in Ungarn arbeiten zu können.
Im Rahmen des Gefangenenaustausch hatten Russland und Belarus 16 Gefangene freigelassen, darunter russische Oppositionelle und westliche Staatsangehörige. Im Gegenzug konnten acht russische Häftlinge sowie zwei Minderjährige nach Russland zurückkehren, darunter auch der in Deutschland inhaftierte sogenannte Tiergarten-Mörder Vadim Krasikow. Im Westen war viel von russischer „Geiseldiplomatie“ die Rede.
Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) forderte Kontrollen an allen EU-Grenzen zu Ungarn, EU-rechtlich sei dies möglich. Ungarns EU-Nachbarn Österreich, Kroatien, die Slowakei und Rumänien seien nun gefragt, sagte er der „BamS“. „Dass ein EU-Land quasi unkontrolliert Russen ins Land lässt, ist nicht hinnehmbar.“
Der CDU-Abgeordnete Jürgen Hardt forderte sogar weitreichende Einreiseverbote. Einreiseerlaubnisse seien wichtig für die progressiven Elemente der russischen Zivilgesellschaft, sagte Hardt. „Das sind aber zunehmend wenige. Für Profiteure des Kreml-Regimes und betuchte russische Touristen sollten Europas Grenzen geschlossen werden.“
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