„Unabhängig davon, ob Kamala Harris oder Donald Trump die US-Wahl gewinnt: Wir Europäer werden mehr Verantwortung für uns selbst übernehmen müssen“, sagte CDU-Chef Friedrich Merz dem „Handelsblatt“ vom Montag.
Amerika werde nicht mehr die Ordnungsmacht sein, die es 70 Jahre lang war, sagte der Kanzlerkandidat. „Also müssen wir Europäer erstens viel stärker als bisher für unsere Sicherheit sorgen, zweitens sehr rasch unsere Wettbewerbsfähigkeit verbessern.“
Die USA wählen am Dienstag einen neuen Präsidenten, in den Umfragen liegen Trump und die demokratische Präsidentschaftsbewerberin Kamala Harris gleichauf.
Christoph Heusgen, Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, forderte insbesondere von Deutschland mehr Einsatz: „Als größte Volkswirtschaft in der Europäischen Union sollte Deutschland auch in Verteidigungsfragen eine Führungsrolle einnehmen“, sagte er dem „Handelsblatt“.
Der russische Überfall auf die Ukraine habe „die Verwundbarkeit Europas sehr viel deutlicher gemacht, als das in den ersten vier Jahren unter Trump der Fall war“, mahnte Emily Haber, die als deutsche Botschafterin in Washington die erste Trump-Präsidentschaft erlebt hat.
Haber warnt insbesondere vor den Folgen für Deutschland im Falle eines Wahlsiegs von Trump: „Wenn die strategische Absicht die Fragmentierung des europäischen Konsenses ist, dann ist es klar, dass der größte und wirtschaftsstärkste Staat in Europa ins Visier genommen wird.“
Der CDU-Außenexperte Johann Wadephul kritisierte es als „gravierenden Fehler“, dass die Bundesregierung mit dem Sondervermögen für die Bundeswehr nur einen „einmaligen Fonds“ geschaffen habe. Sie hätte auch das Verteidigungsbudget dauerhaft erhöhen müssen, sagte Wadephul dem „Handelsblatt“.
Ex-Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) hält es vor allem für einen Fehler, sich nicht stärker um bessere Beziehungen zu Frankreich bemüht zu haben. „Das größte Versagen der deutschen Politik ist es, zugelassen zu haben, dass das deutsch-französische Verhältnis so schlecht ist, wie nie zuvor in der Nachkriegsgeschichte“, sagte der Vorsitzende der Altantik-Brücke dem „Handelsblatt“. „Europa fehlt damit ein politisches Zentrum, das auch die engagierteste EU-Kommission nicht ersetzen kann.“
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