Deutsch-französische Spannungen: Macron von Scholz in Berlin empfangen

Vor dem Hintergrund der jüngsten Spannungen zwischen Deutschland und Frankreich wegen der Ukraine-Politik hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) den französischen Präsidenten Emmanuel Macron am Freitag in Berlin empfangen.

Vor dem Hintergrund der jüngsten Spannungen zwischen Deutschland und Frankreich wegen der Ukraine-Politik hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Freitag den französischen Präsidenten Emmanuel Macron in Berlin empfangen. Beide Spitzenpolitiker zeigten sich zum Auftakt lächelnd und mit einem kurzen Händedruck den Kameras, legten sich flüchtig gegenseitig die Hand auf den Rücken und betraten dann zum Zweiergespräch das Kanzleramt.

Um 14.00 Uhr kommt der polnische Ministerpräsident Donald Tusk zu einem Sondergipfel des sogenannten Weimarer Dreiecks hinzu. Alle drei wollen gegen 16.00 Uhr vor die Presse treten. Konkrete Ankündigungen werden nicht erwartet. Der Gipfel wird vor allem als Versuch gewertet, in der Ukraine-Politik Geschlossenheit zu demonstrieren.

Macron hatte am Vorabend bekräftigt, dass im Ukraine-Krieg weiterhin „alle Optionen offen“ seien – womit er auch die Entsendung westlicher Bodentruppen erneut nicht ausschloss, die Scholz vehement abgelehnt hatte. Zudem hatte der Bundestag erneut gegen die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern für die Ukraine gestimmt, zu der Macron Scholz überreden will.

Macron betonte in einem TV-Interview am Donnerstagabend mit Blick auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin und dessen Angriffskrieg in der Ukraine erneut, dass keine Möglichkeiten von vornherein ausgeschlossen werden sollten. Diejenigen, die dies täten, „wählen nicht den Frieden, sondern die Niederlage“, sagte Macron. „Wenn die Situation sich verschlechtert, müssen wir bereit sein, damit Russland niemals gewinnt“, fügte er hinzu.

Dabei versicherte er aber auch, dass Frankreich als Nuklearmacht eine „besondere Verantwortung“ habe, verbale und tatsächliche Eskalationen zu vermeiden, und dass sein Land niemals in die Offensive gehen würde.

Scholz hatte kürzlich die ungewöhnlich offen ausgetragenen Meinungsverschiedenheiten mit Macron heruntergespielt. Es sei ganz anders, „als viele immer denken“, sagte er. „Emmanuel Macron und ich haben ein sehr gutes persönliches Verhältnis, ich würde es sehr freundschaftlich nennen“, betonte er.

Die unterschiedliche Ausgangslage beider Länder sei „ein großer Wert“, weil sich daraus Vorschläge für Europa entwickeln ließen, die für alle gut seien, sagte der Kanzler.

Nach dem bilateralen Gespräch von Scholz und Macron soll auch bei dem Treffen des Weimarer Dreiecks die Unterstützung der Ukraine im Kampf gegen den russischen Angriffskrieg im Mittelpunkt stehen. Der polnische Botschafter in Deutschland, Dariusz Pawlos, erwartet von dem Spitzentreffen ein Signal, „dass wir einig sind und die Ukraine solidarisch unterstützen wollen“.

Politiker von Union und Grünen riefen Scholz ausdrücklich dazu auf, das angeschlagene deutsch-französische Verhältnis zu kitten. „Wenn Deutschland und Frankreich so kleinkariert agieren, schwächt das ganz Europa“, mahnte Armin Laschet von der CDU. Grünen-Politiker Anton Hofreiter forderte den Bundeskanzler auf, „die Befindlichkeiten zwischen ihm und Macron zu begraben“.

Macron und Scholz hatten sich zuletzt mehrfach gegenseitig in der Öffentlichkeit kritisiert – zwar ohne sich beim Namen zu nennen, aber mit scharfen Worten. Frankreichs Präsident störte die Weigerung des Kanzlers, Taurus-Marschflugkörper in die Ukraine zu liefern. Er wartne die westlichen Verbündeten davor, zu „feige“ zu sein. Scholz distanzierte sich wiederum vom französischen Präsidenten, als dieser einen Einsatz von Bodentruppen in der Ukraine nicht ausschloss. Zuvor hatte Scholz mehrfach darauf verwiesen, dass Deutschland innerhalb Europas die meiste Hilfe für die Ukraine leiste.
© AFP

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