Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) will Menschen, die ohne Eheschließung dauerhaft Verantwortung füreinander übernehmen, vom kommenden Jahr an rechtlich absichern. Im Rahmen einer sogenannten Verantwortungsgemeinschaft sollen sich Alleinstehende gegenseitig im Alltag besser unterstützen können, wie Buschmann den Zeitungen der Funke-Mediengruppe vom Sonntag sagte. Die Eckpunkte für die Reform seien bereits fertig, „im nächsten Jahr könnte das Gesetz in Kraft treten“.
„Wir haben immer mehr Alleinerziehende, wir haben immer mehr alleinstehende Ältere“, sagte der FDP-Politiker. „Ich glaube, es gibt einen Bedarf für die Verantwortungsgemeinschaft.“ Konkret richtet sich das neue familienrechtliche Modell demnach an Gemeinschaften von zwei bis sechs Personen, die zum Beispiel zusammen wohnen und sich auch im Notfall helfen wollen.
„Mit der notariell beurkundeten Verantwortungsgemeinschaft können sie eine rechtsichere Grundlage schaffen“, sagte Buschmann. „Das macht vieles einfacher – zum Beispiel beim Auskunftsrecht gegenüber Ärzten oder bei anderen Vertretungsfragen.“
Die Union merkte kritisch an, dass Buschmanns Vorstoß mit Kosten für die Betroffenen verbunden sein werde. „Vorsorgevollmachten kann man sich schon jetzt kostenlos im Internet herunterladen, ein Gang zum Notar ist nur in Ausnahmefällen notwendig“, sagte die familienpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Silvia Breher (CDU), der Nachrichtenagentur AFP. „Bei der Verantwortungsgemeinschaft ist der Gang zum Notar nun die Regel – mit den entsprechenden Kosten.“
Buschmann nannte in dem Funke-Interview als konkretes Beispiel zwei alleinstehende ältere Damen, die zusammen in einer Wohngemeinschaft leben. „Sie sind kein Paar, sie wollen nicht heiraten.“ Wer die Verantwortungsgemeinschaft eingehe, gebe einem sozialen Verhältnis eine Struktur und einen positiven Namen, erläuterte Buschmann. „Ich denke, das ist attraktiv – gerade für Menschen, die sich mit heiklen Fragen wie der Vertretung im Fall von Krankheit oder Pflegebedürftigkeit eigentlich lieber nicht beschäftigen.“
Die Verantwortungsgemeinschaft sei jedoch keine „Ehe light“, erklärte der Minister. Sie werde etwa keine Auswirkungen auf das Eltern-Kind-Verhältnis haben, es werde auch keine Steuererleichterungen geben, auch keine erbrechtlichen Folgen oder Unterhaltspflichten. Wer wolle, könne allerdings den Vermögensausgleich nach Beendigung einer Verantwortungsgemeinschaft regeln.
Die vorliegenden Eckpunkte sehen für die Verantwortungsgemeinschaft den Angaben zufolge unterschiedliche vertragliche Bausteine vor, die zu individuellen Modellen zusammengestellt werden können. In jedem Fall muss die Verantwortungsgemeinschaft notariell beurkundet werden. Am Montag will Buschmann seine Pläne vor den Medien in Berlin erläutern.
Der CDU-Rechtsexperte Günter Krings warnte vor der Einführung einer Vielehe durch die Hintertür. „Niemand wird kontrollieren können, welcher Art die Verbindung zwischen den Menschen in einer solchen Verantwortungsgemeinschaft ist“, sagte der rechtspolitische Sprecher der Unionsfraktion dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Was, wenn der Staat am Ende auch Verbindungen anerkennt, die unsere Rechtsordnung bisher mit Recht strikt ablehnt? Das könnte zum Beispiel die Vielehe sein.“
Die Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP hatten die Einführung der Verantwortungsgemeinschaft bereits in ihrem Koalitionsvertrag von Ende 2021 vereinbart. Darin heißt es: „Wir werden das Institut der Verantwortungsgemeinschaft einführen und damit jenseits von Liebesbeziehungen oder der Ehe zwei oder mehr volljährigen Personen ermöglichen, rechtlich füreinander Verantwortung zu übernehmen.“
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