Das Auswärtige Amt hat Chinas Botschafter in Deutschland wegen eines Cyberangriffs gegen eine Bundesbehörde einbestellt. Der Angriff auf das Bundesamt für Kartographie und Geodäsie (BKG) im Jahr 2021 sei „zu Spionagezwecken“ erfolgt und inzwischen eindeutig „chinesischen staatlichen Akteuren“ zugeordnet worden, sagte ein Außenamtssprecher am Mittwoch in Berlin. Die Bundesregierung verurteile den Cyberangriff „auf das Schärfste“ und fordere Peking auf, „derartige Handlungen zu unterlassen“.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sprach von einem „schweren Cyberangriff“. Er zeige, „wie groß die Gefahr durch chinesische Cyberattacken und Spionage ist“.
Es ist das erste Mal seit dem Jahr 1989, dass das Auswärtige Amt einen chinesischen Botschafter in Berlin einbestellt hat. Anlass war damals laut dem Außenamtssprecher die blutige Niederschlagung der Proteste auf dem Tiananmen-Platz in Peking.
Das Bundesamt für Kartographie und Geodäsie mit Sitz in Frankfurt am Main ist dem Bundesinnenministerium unterstellt. Ein Sprecher Faesers betonte, als zentraler Informationsdienstleister für Behörden und Betreiber kritischer Infrastruktur bei amtlichen geografischen Daten sei das BKG eine „sehr wichtige“ Behörde.
Zur Vorgehensweise der Angreifer sagte der Sprecher, diese hätten heimlich übernommene Endgeräte von Privatleuten und Unternehmen genutzt, um ihre Spuren zu verschleiern. Nach der Entdeckung seien die Angriffe „vollständig gestoppt“ worden. Es seien zudem „umfassende Schutzmaßnahmen“ getroffen worden, damit sich solche Angriffe möglichst nicht wiederholen könnten.
Nach einer schriftlichen Mitteilung des Bundesinnenministeriums war „ein Netzbereich des BKG kompromittiert“. Weitere Schadsoftware auf Systemen der Behörde sei nicht festgestellt worden. Das Netzwerk des Bundesamtes sei dann „unter Beachtung der Empfehlungen“ der staatlichen Cybersicherheitsbehörde BSI wiederaufgebaut worden.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz und weitere Regierungsstellen warnen seit Jahren vor der Gefahr durch Cyberangriffe aus China. „Die Sicherheitsbehörden erwarten eine weitere Intensivierung der staatlich betriebenen Spionage- und Einflussnahmeaktivitäten durch China“, erklärte das Bundesinnenministerium am Mittwoch. „Es verfolgt eine offensive Cyberstrategie, die durch umfangreichen Wissenstransfer einen wichtigen Beitrag zu den industrie- und geopolitischen Zielen des Landes leisten soll.“
Das Innenministerium erklärte weiter, im vergangenen Jahr hätten „mutmaßlich staatliche oder staatlich gesteuerte chinesische Cyberakteure gezielt Cyberangriffe auf Unternehmen, Behörden und Privatpersonen sowie auch gegen politische Institutionen“ verübt. Ziel sei es, Informationen über politische Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozesse sowie Positionen der Bundesregierung zu Fragen der deutschen und europäischen Außenpolitik zu erlangen. Dabei würden auch Unternehmen im Umfeld politischer Stellen wie IT-Dienstleister angegriffen und „als Einfallstor für darauf aufbauende Angriffe genutzt“.
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