Angesichts der angespannten Hochwasserlage in Norddeutschland zeigt sich auch SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich offen dafür, mögliche Bundeshilfen von der Schuldenbremse auszunehmen. Die Bundesregierung sei „gut beraten, sich offen mit der Frage zu befassen, ob die Ausnahmeregelung nach Artikel 115 neben der Ukraine und der Ahrtal-Katastrophe nicht auch für dieses Ereignis anzuwenden ist“, sagte er dem digitalen Medienhaus Table.Media.
Entsprechende Forderungen aus der SPD-Fraktion waren bereits am Mittwoch laut geworden. Es gehe nicht „um eine Rechenaufgabe, sondern auch um den politischen Willen, deutlich zu machen, dass der Bund bereit ist, sich an der Schadensbewältigung zu beteiligen“, sagte dazu Mützenich. Er machte zugleich deutlich, dass die bereits zugesagten Hilfen für das Ahrtal nach der dortigen Flut im Jahr 2021 sowie die Unterstützung der Ukraine mit Krediten finanziert werden müssten, die nicht unter die Schuldenbremse fielen.
Im Falle des aktuellen Hochwassers sei zunächst eine Schadensbilanz nötig, sagte Mützenich. Es sei aber absehbar, dass die zusätzlichen Mittel für Schadensausgleich, Technisches Hilfswerk und Katastrophenschutz, Deicherneuerungen und die Ausweisung neuer Überflutungsflächen Länder und Kommunen finanziell überforderten.
In mehreren Bundesländern Norddeutschlands kämpfen die Einsatzkräfte bereits seit Tagen gegen die Wassermassen. Haushaltsexperten der SPD wiesen vor diesem Hintergrund auf die grundgesetzlich verankerte Möglichkeit für eine Ausnahme von der Schuldenbremse hin.
Kritik daran kam von Koalitionspartner FDP. Die Liberalen adressierte Mützenich nun direkt: Die FDP sei „informiert, dass wir die Hochwasserhilfen in die aktuellen Haushaltsgespräche einbringen wollen“. Solche Botschaften seien in diesen Tagen „entscheidend, um bei der Bevölkerung verloren gegangenes Vertrauen wieder herzustellen“.
Bijan Djir-Sarai, Generalsekretär der FDP, widersprach Mützenich am Donnerstag. „Selbstverständlich wird den betroffenen Gebieten Unterstützung zuteil“, sagte Djir-Sarai dem Nachrichtenportal t-online. „Aber das Manöver der SPD, jetzt nach einer Aussetzung der Schuldenbremse zu rufen, ist durchschaubar“, sagte Djir-Sarai weiter. „Das Hochwasser, das gerade so vielen Menschen bei uns im Land größte Sorgen bereitet, sollte man nicht für die eigene politische Agenda instrumentalisieren.“
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