Die Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, Ferda Ataman, sieht die vor der Verabschiedung stehende Reform des Staatsangehörigkeitsrechts als wichtiges Zeichen für Menschen mit Migrationsgeschichte. Die Reform komme „zum richtigen Zeitpunkt, weil sie ein deutliches Signal für Vielfalt und gegen rechtsextreme Deportationsfantasien setzt“, erklärte sie am Freitag. Viele Menschen mit und ohne Einwanderungsgeschichte hätten in den vergangenen Monaten den Eindruck gehabt, dass das Thema Zuwanderung vor allem von Rechtsradikalen dominiert werde.
Erst kürzlich war ein Geheimtreffen bekannt geworden, bei dem AfD-Politiker und Rechtsextreme über die Vertreibung von Millionen Menschen mit Zuwanderungsgeschichte gesprochen haben sollen. Ataman betonte deshalb: „‚Herzlich willkommen‘ zu sagen statt ständig von ‚Abschiebungen‘ zu sprechen, war überfällig.“
Für die Regierungsbeauftragte ist die Reform außerdem wichtig, „weil eine Demokratie es sich nicht leisten kann, dass Millionen von Menschen dauerhaft hier leben und kein Wahlrecht haben“. Deutschland brauche ein modernes, unbürokratisches Staatsangehörigkeitsrecht, wie es in vielen anderen Ländern üblich sei. Die Einbürgerungsfristen auf fünf Jahre zu verkürzen und Menschen nicht zu zwingen, ihren bisherigen Pass aufzugeben, seien dabei wichtige Schritte.
Den Plänen der Ampel-Koalition zufolge sollen Ausländer sich künftig schon nach fünf statt acht Jahren in Deutschland um einen deutschen Pass bewerben dürfen; bei „besonderen Integrationsleistungen“ soll eine Einbürgerung nach drei Jahren möglich sein. Die doppelte Staatsbürgerschaft will die Bundesregierung künftig ebenfalls grundsätzlich ermöglichen.
Ataman übte trotz genereller Zustimmung zu den Regierungsplänen auch Kritik: Die Reform schaffe „diskriminierende Hürden“ für einige Gruppen, betonte sie. Alleinerziehende, Menschen mit Behinderungen und ältere Menschen drohten durch die neuen Regelungen benachteiligt zu werden. Wenn sie Sozialleistungen empfingen, könnte es sein, dass sie dauerhaft von Einbürgerungen ausgeschlossen seien.
Den Ampel-Plänen zufolge soll künftig nur die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten, wer den Lebensunterhalt für sich und unterhaltsberechtigte Familienangehörige aus eigenen Mitteln bestreiten kann. Ausnahmen gibt es etwa für einstige „Gastarbeiter“, die bis 1974 nach Deutschland gekommen sind, oder frühere DDR-Vertragsarbeiterinnen und -arbeiter. Über die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts will der Bundestag am Freitagmittag abstimmen.
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