Nach dem Bund-Länder-Gipfel hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) ein gemeinsames Interesse im Kampf gegen irreguläre Migration betont. „Wir haben alle das gleiche Interesse an einer Reduzierung“, sagte Faeser am Freitag in Potsdam nach einem Treffen der Innenministerkonferenz. Bei der insbesondere von der Union geforderten Auslagerung von Asylverfahren in Drittstaaten sagte sie eine „umfassende und ergebnisoffene Prüfung“ zu – sah aber Priorität bei einem anderen Thema.
Die gemeinsame Runde der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte am Donnerstag über Fortschritte bei bereits beschlossenen Gesetzesvorhaben zur Migrationspolitik beraten. Scholz sagte dabei vor allem auf Wunsch der unionsgeführten Länder die weitere Prüfung von Asylverfahren in Drittstaaten zu. Hierzu soll es bis Dezember Ergebnisse geben.
„Kooperationen mit Drittstaaten können ein weiterer Baustein der Migrationspolitik sein“, sagte Faeser dazu. Sie könnten „aber ganz anders als das EU-Asylsystem keinen großen Effekt haben zur Begrenzung von Flüchtlingszahlen“. Dies zeigten „die bisherigen Erfahrungen Italiens und Großbritanniens“ mit Auslagerungsmodellen. Bei Italiens Partnerschaft mit Albanien geht es um 3000 Asylbewerber, bei Großbritanniens mit Ruanda um 6000.
Nach Angaben von Regierungssprecher Steffen Hebestreit plant die Bundesregierung vorerst keine Gespräche mit Ländern außerhalb der EU über die Auslagerung von Asylverfahren. „Das wäre der zweite Schritt“, sagte er. Mit den Bundesländern sei als erster Schritt die Prüfung vereinbart, ob überhaupt ein konkretes Modell für ein solches Vorgehen möglich sei. Erst dann könne die Bundesregierung auf in Frage kommende Länder zugehen.
Für Faeser hat die „schnellstmögliche Umsetzung“ der bereits vereinbarten Reform des europäischen Asylsystems „weiter höchste Priorität“. „Damit sorgen wir für Begrenzung, Kontrolle, für einen starken Schutz der EU-Außengrenzen und eine gerechtere Verteilung innerhalb Europas.“ Dies sei aus ihrer Sicht „der Schlüssel zur Begrenzung irregulärer Migration“.
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte, er werde sich im August im albanischen Tirana selbst ein Bild machen. Das italienische Modell könne nicht eins zu eins übernommen werden, aber es müssten Mittel und Wege gefunden werden. Herrmann forderte das Auswärtige Amt außerdem vor, „in die Gänge“ zu kommen bei der Bewertung der Lage in Syrien und der Frage, ob nach Syrien Rückführungen möglich seien.
Das Bundesinnenministerium hatte für das Bund-Länder-Treffen bereits dutzende Experten zu Asylverfahren in Drittstaaten befragt. Grundlage waren dabei im wesentlichen die Pläne Großbritanniens für Asylverfahren im ostafrikanischen Ruanda und Italiens Vereinbarung zu Asylverfahren in Albanien. Die Mehrheit der Experten zeigte sich dabei skeptisch zur Übertragbarkeit auf Deutschland und verwies auf hohe rechtliche und praktische Hürden.
Saarlands Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) sah die Auslagerung in Drittstaaten wie andere von den Sozialdemokraten geführte Länder äußerst skeptisch. „Ich sehe angesichts der bislang vorliegenden Expertisen nicht, wie eine solche Variante rechtlich und faktisch möglich sein soll“, erklärte sie am Freitag. „Aber von mir aus sollen die Experten sich das noch einmal genau anschauen.“
Faeser sagte unterdessen zur Abschiebung von abgelehnten Asylbewerbern, es liefen vertrauliche Verhandlungen mit verschiedenen Staaten. „Wir wollen insbesondere Gewalttäter konsequent abschieben.“ Auch islamistische Gefährder sollten konsequent abgeschoben werden. Außerdem sollten neue Ausweisungstatbestände geschaffen werden, um auch Hetzer konsequent abschieben zu können.
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