Streit kurz vor Weihnachten beigelegt: Die Fraktionen der Ampel-Regierung haben bei zwei koalitionsintern umstrittenen Gesetzen zum Staatsangehörigkeitsrecht und zu Abschiebungen eine Einigung erzielt. Dies sei „in konstruktiven Verhandlungen“ erfolgt, teilten die Fraktionschefs Britta Haßelmann und Katharina Dröge (Grüne), Rolf Mützenich (SPD) sowie Christian Dürr (FDP) am Mittwoch mit. Beide Gesetze könnten nun im Januar 2024 im Bundestag beschlossen werden.
Die Fraktionsspitzen sprachen von einer Einigung, „die einer modernen Einwanderungsgesellschaft und den Prinzipien von Humanität und Ordnung gerecht wird“.
Das Bundeskabinett hatte die zwei Gesetzentwürfe „zur Verbesserung der Rückführung“ und „zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts“ von Innenministerin Nancy Faeser (SPD) bereits im Oktober beziehungsweise August beschlossen. Ende November befasste sich dann der Bundestag zum ersten Mal mit beiden Gesetzen – eine Einigung der Regierungsfraktionen stand allerdings noch aus.
Kurz vor einem Bundestagsbeschluss gab es auf den letzten Metern noch einmal koalitionsinternen Streit. Vor allem die Grünen hatten Zweifel an dem Abschiebungsgesetz. Mit diesem soll die Polizei deutlich ausgeweitete Befugnisse bei Durchsuchungen und der Identitätsfeststellung von Betroffenen bekommen. Zudem wird die Höchstdauer des Ausreisegewahrsams von zehn auf 28 Tage verlängert, um den Behörden mehr Zeit für Abschiebungen zu geben.
Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz sprach von „durchaus schmerzhaften Kompromisse“, die seine Fraktion habe eingehen müssen. Diese könnten „auch neue Härten für die betroffene Menschen bedeuten“.
Die Grünen hätten jedoch an mehreren, zentralen Stellen des Gesetzes Nachbesserungen im Sinne guter, rechtsstaatlicher Standards erreichen können. Dazu gehöre unter anderem, dass in Zukunft jeder Mensch, der in Abschiebehaft oder Ausreisegewahrsam genommen werde, eine rechtliche Beratung an die Seite gestellt bekomme. Auch gebe es Einigung auf eine gesetzliche Regelung, die eindeutig klarstelle: „Die Seenotrettung wird auch in Zukunft nicht kriminalisiert.“
Mit dem Gesetz werde dafür gesorgt, „dass Menschen ohne Bleiberecht Deutschland schneller verlassen“, betonte SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese. Die praktische Rückführung dieser Menschen werde vereinfacht. Das sei „richtig, notwendig und konsequent“. Nur so könne die gesellschaftliche Akzeptanz und der Rückhalt für die Aufnahme von wirklich schutzbedürftigen Geflüchteten gestärkt werden.
Die Staatsbürgerschafts-Reform sieht eine ganze Reihe von Änderungen vor: Ausländer sollen sich künftig schon nach fünf statt acht Jahren in Deutschland um einen deutschen Pass bewerben dürfen; bei „besonderen Integrationsleistungen“ soll eine Einbürgerung nach drei Jahren möglich sein.
Von Notz nannte die Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts „überfällig“. Er betonte: „Menschen, die dauerhaft hier leben, erhalten endlich echte Perspektiven.“ Sie könnten künftig schneller mitbestimmen und am sozialen wie politischen Leben in Deutschland teilhaben.
Die Modernisierung sende „ein klares Signal an die Millionen Menschen, die hier leben und arbeiten, aber von politischer Mitbestimmung bislang ausgeschlossen waren: Ihr gehört dazu“, erklärte SPD-Fraktionsvize Wiese. Dies verbessere auch die Position der Bundesrepublik im globalen Wettbewerb um Fach- und Arbeitskräfte.
© AFP