Baugenehmigungen: Schwächster Jahresstart seit elf Jahren

Der drastische Einbruch im Wohnungsbau hat sich zu Beginn des Jahres fortgesetzt. Im Januar wurden 16.800 Baugenehmigungen erteilt, 23,5 Prozent weniger als im Januar des Vorjahres.

Der drastische Einbruch im Wohnungsbau hat sich zu Beginn des Jahres fortgesetzt. Im Januar wurden 16.800 Baugenehmigungen erteilt, 23,5 Prozent weniger als im Januar 2023 und sogar rund 43 Prozent weniger als im Januar 2022, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mitteilte. Das zuständige Bundesministerium sieht inzwischen leichte Anzeichen der Besserung – die Baubranche indes warnt vor einer Verschlechterung der Lage.

In neu zu errichtenden Wohngebäuden wurden im Januar insgesamt 13.500 Wohnungen genehmigt, 27,7 Prozent weniger als im Vorjahresmonat, so die Statistik. Die Zahl der Baugenehmigungen für Einfamilienhäuser ging am stärksten zurück: um 42,7 Prozent auf 2800. Bei den Zweifamilienhäusern sank die Zahl um 19,6 Prozent auf 1100. Auch bei der zahlenmäßig stärksten Gebäudeart, den Mehrfamilienhäusern, verringerte sich die Zahl der genehmigten Wohnungen deutlich um 20 Prozent auf 9200 Wohnungen.

Es war „der schwächste Jahresstart seit elf Jahren“, konstatierte der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie. Er zeige, „wohin die Reise geht“: Ohne ein beherztes Eingreifen der Politik müssten sich viele Haushalte dauerhaft vom Traum der eigenen vier Wände verabschieden, erklärte Hauptgeschäftsführer Tim-Oliver Müller.

Grund für die Krise im Wohnungsbau sind die stark gestiegenen Zinsen für Baukredite und gestiegene Kosten für Baumaterialien. Die Europäische Zentralbank (EZB) habe die Zinsen „stärker angezogen, als es eigentlich notwendig gewesen wäre, um die Inflation unter Kontrolle zu bekommen“, kritisierte Sebastian Dullien, wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung der Hans-Böckler-Stiftung.

Inzwischen zögere die EZB mit Zinssenkungen, obwohl sich die Inflation absehbar wieder an das Inflationsziel von 2,0 Prozent annähere. „Der Einfluss der historisch einmaligen Zinserhöhungen der letzten beiden Jahre ist so groß, dass die Förderungen der Bundesregierung wenig dagegen ausrichten kann.“

Eine Erholung im Wohnungsbau erwartet Dullien erst mit Verzögerung nach den anstehenden Zinssenkungen der EZB. „Ab April ist mit solchen Zinssenkungen zu rechnen. Der Wohnungsbau dürfte dann seinen Tiefpunkt im Laufe des Jahres 2025 erreichen.“

Die Bundesregierung sieht dagegen bereits erste Anzeichen einer Entspannung. Neben einem verbesserten Zinsumfeld hätten sich die Baupreise „weitgehend normalisiert“, sagte ein Sprecher des Bauministeriums in Berlin. Außerdem seien Einkommenszuwächse zu beobachten. Gleichzeitig verwies das Ministerium von Klara Geywitz (SPD) auf die weiterhin hohe Zahl genehmigter, aber noch nicht gebauter Immobilien. Dieser Bauüberhang liege aktuell bei knapp 900.000 Wohnungen.

Der Präsident des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe, Felix Pakleppa, sieht die Branche bereits „am Scheideweg“, ihre Beschäftigten zu halten. Die fehlenden Baugenehmigungen von heute seien die fehlenden Aufträge und Wohnungen von morgen. Die Unternehmen hätten in den vergangenen beiden Jahren real den Auftragszuwachs der vergangenen vier Jahre abgebaut. „Bleiben die Neuaufträge weiter aus, steigt in den Bauunternehmen der Druck, die in den letzten Jahren neu an Bord genommenen Beschäftigten auszulasten.“

Im Gesamtjahr 2023 waren 260.100 Wohnungen genehmigt worden, ein Rückgang gegenüber dem Vorjahr um fast 27 Prozent und der niedrigste Stand seit 2012. Die Bundesregierung hatte sich zu Beginn der Legislaturperiode 2021 das Ziel gesetzt, dass 400.000 neue Wohnungen pro Jahr gebaut werden. Dullien vom Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung rechnet damit, dass dieses Jahr nur noch etwas mehr als halb so viele Wohnungen fertiggestellt werden.
© AFP

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