Erster Prozess gegen Mitglieder von Reichsbürgernetzwerk in Stuttgart terminiert

Im Fall des mutmaßlichen Reichsbürgernetzwerks rund um Heinrich XIII. Prinz Reuß ist ein erster Prozess terminiert worden.

Im Fall des mutmaßlichen Reichsbürgernetzwerks rund um Heinrich XIII. Prinz Reuß ist ein erster Prozess terminiert worden. Das Oberlandesgericht Stuttgart teilte am Mittwoch mit, dass es ab dem 29. April über die Vorwürfe gegen neun mutmaßliche Mitglieder verhandelt. Das Netzwerk soll geplant haben, die demokratische Ordnung mit Gewalt zu beseitigen.

In Stuttgart sollen mutmaßliche Angehörige des sogenannten militärischen Arms vor Gericht stehen. Den Angeklagten wird die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen, sie sollen außerdem ein hochverräterisches Unternehmen vorbereitet haben.

Einem von ihnen wird zusätzlich vorgeworfen, bei der Durchsuchung seiner Wohnung auf Polizisten geschossen und zwei Beamte verletzt zu haben. Die Anklage lautet hier auf versuchten Mord. Das Oberlandesgericht setzte zahlreiche weitere Verhandlungstage bis Anfang 2025 fest.

Weitere insgesamt 18 Anklagen erhob die Bundesanwaltschaft vor den Oberlandesgerichten Frankfurt am Main und München. Dort ist über die Zulassung der Anklagen und die Eröffnung von Hauptverfahren aber nach Angaben vom Mittwoch noch nicht entschieden.

Über die Anklagen gegen die prominentesten Angeschuldigten soll das Frankfurter Oberlandesgericht entscheiden. Zu den zehn Menschen, gegen die in Frankfurt Anklage erhoben wurde, gehört Reuß, der mutmaßliche Kopf der Gruppe. Er soll nach dem mutmaßlich geplanten Umsturz als provisorisches Staatsoberhaupt vorgesehen gewesen sein.

Außerdem stehen der frühere Bundeswehroffizier Rüdiger von P. sowie die frühere AfD-Bundestagsabgeordnete und Richterin Birgit Malsack-Winkemann auf der Liste. Von P. gilt der Bundesanwaltschaft zufolge ebenso wie Reuß als Rädelsführer. Acht Anklagen gibt es zum Oberlandesgericht München.

Das mutmaßliche Netzwerk flog im Dezember 2022 auf. Seine Mitglieder sollen geplant haben, die staatliche Ordnung in Deutschland erst gewaltsam zu stürzen und dann durch eine eigene Staatsform zu ersetzen, die sie den Vorwürfen der Bundesanwaltschaft zufolge bereits in Grundzügen skizzierten. Demnach verbindet die mutmaßlichen Reichsbürger eine „tiefe Ablehnung der staatlichen Institutionen und der freiheitlich-demokratischen Grundordnung“.

Überzeugt waren sie der Anklage zufolge von verschiedenen Verschwörungsmythen – beispielsweise davon, dass Deutschland derzeit von Angehörigen eines sogenannten Deep State regiert werde und von einer Allianz befreit werden könne. Dabei handle es sich ihrer Meinung nach um einen technisch überlegenen Geheimbund von Regierungen, Geheimdiensten und Streitkräften verschiedener Staaten. Mit dieser nicht existierenden Allianz habe die Gruppe zusammenarbeiten wollen, hieß es weiter.

Die Mitglieder hätten erwartet, dass der Geheimbund ihnen ein Zeichen geben werde, dass der „Tag X“ gekommen sei, an dem er die obersten Institutionen Deutschlands angreife. Ihre eigene Organisation habe dann Institutionen und Amtsträger auf den Ebenen von Bundesländern, Kreisen und Kommunen beseitigen sollen. Dazu wurde den Ermittlern zufolge bereits mit dem Aufbau von sogenannten Heimatschutzkompanien begonnen. Zudem habe das Netzwerk hunderte Waffen zusammengetragen.

Den Beteiligten sei bewusst gewesen, dass es bei der geplanten Machtübernahme Tote geben würde, erklärte die Bundesanwaltschaft bei Anklageerhebung im Dezember. Sie hätten vorgehabt, bewaffnet in das Reichstagsgebäude in Berlin einzudringen und Bundestagsabgeordnete festzunehmen. Dazu seien bereits Liegenschaften des Bundestags ausgekundschaftet worden.

Nach dem gewaltsamen Umsturz wollte der Kern der Gruppe, namentlich Reuß, der Bundesanwaltschaft zufolge mit den Siegermächten des Zweiten Weltkriegs über eine neue staatliche Ordnung verhandeln. Zentraler Ansprechpartner sei ihrer Auffassung nach aber nur Russland gewesen.
© AFP

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