Düsseldorf – Oberbürgermeister Dr. Stephan Keller übernahm die Ehrung, die im Rahmen einer Feierstunde im Plenarsaal des Düsseldorfer Rathauses stattfand. Die Laudatio hielt der Film- und Kulturwissenschaftler Prof. Dr. Marcus Stiglegger. Der Helmut-Käutner-Preis wird an Persönlichkeiten verliehen,“die durch ihr Schaffen die Entwicklung der deutschen Filmkultur nachdrücklich unterstützen und beeinflussen, ihr Verständnis gefördert und zu ihrer Anerkennung beigetragen haben“. Der Preis ist mit 10.000 Euro dotiert und wurde zum 18. Mal vergeben.
Oberbürgermeister Dr. Stephan Keller: „Monika Treut ist ein Vorbild für hoffentlich viele. Eine, die ‚Andersheit‘ als Knotenpunkt in ihrer eigenen Biographie wie in ihrer filmischen Arbeit sieht. Eine, die hoffentlich vielen Mut macht, ‚anders‘ zu sein, ihren eigenen Weg zu gehen. Die konsequent gesellschaftliche Normierung und Geschlechterrollen kritisiert.“ Der Oberbürgermeister weiter: „So setzen wir ganz bewusst mit dieser Auszeichnung an Monika Treut auch ein Statement: Für unterschiedliche Sehweisen und Lebensweisen. Für eine Erweiterung des Blickfelds. Auf der Leinwand wie im richtigen Leben.“
Preisträgerin Monika Treut: „Mein Debütfilm ‚Verführung: Die grausame Frau‘ hatte es schwer – lesbisch, experimentell, provokant. Die Filmkritik in Deutschland war irritiert, das Publikum skeptisch. Es war wohl zu früh.“ Die Regisseurin weiter: „Heute kann ich sagen: Die frühe Ablehnung war keine Katastrophe, sondern ein Katalysator und eine Chance. Sie zwang mich zur Internationalität und zur Resilienz und sie hat mich auch dazu gebracht, die deutsche Filmkultur mit einem gewissen Abstand zu betrachten.“
Laudator Prof. Dr. Marcus Stiglegger: „Monika Treut hat über viereinhalb Jahrzehnte bewiesen, dass man auch aus dem vermeintlichen Abseits der Filmlandschaft ein vielschichtiges und einflussreiches Werk schaffen kann, das einzigartig in der deutschen Filmgeschichte steht und bis heute den Zeitgeist herausfordert. Sie hat diesen Preis mehr als verdient.“
Eintrag in das Goldene Buch der Landeshauptstadt Düsseldorf
Nach dem Höhepunkt der Verleihung, der Übergabe der Urkunde, trug sich Monika Treut in das Goldene Buch der Landeshauptstadt Düsseldorf ein. Während des Festaktes gab zudem ein Filmbeitrag Einblicke in das Werk der Preisträgerin. Musikalisch wurde die Veranstaltung von einem Streichquartett der Robert-Schumann-Hochschule begleitet.
Filmreihe in der Black Box
Anlässlich der diesjährigen Verleihung des Helmut-Käutner-Preises an Monika Treut zeigt das Filmmuseum Düsseldorf im hauseigenen Kino Black Box eine kleine Werkschau ihrer Filme. Vom 31. Mai bis 29. Juni 2025 können Besucherinnen und Besucher eine Auswahl zentraler Arbeiten der renommierten Filmemacherin erleben – darunter ihre Meilensteine „Die Jungfrauenmaschine“ und „Gendernauts“, aber auch frühe Kurzfilme und aktuelle Werke wie „Genderation“. Die Filmreihe bietet Einblicke in Treuts avantgardistisches, queeres und oftmals kontroverses Schaffen zwischen Dokumentarfilm, Fiktion und künstlerischem Essay. Im Vorprogramm werden thematisch passende Kurzfilme der Regisseurin präsentiert. Ein besonderes Highlight ist das Publikumsgespräch mit Monika Treut am heutigen Freitagabend, 13. Juni, im Anschluss an die Vorführung ihres Films „Genderation“ – moderiert von Prof. Dr. Marcus Stiglegger.
Jury-Begründung
Bereits am 30. November 2024 hatte die Jury des Helmut-Käutner-Preises in ihrer Sitzung im Filmmuseum Düsseldorf über die Preisträgerin 2025 entschieden. Die vollständige Begründung lautet: „Mit großer Freude vergeben wir den Helmut-Käutner-Preis an Monika Treut für ihr kontinuierliches Engagement als unabhängige Künstlerin, die den deutschen Film im dokumentarischen und fiktionalen Bereich seit vier Jahrzehnten weiterentwickelt. Sie gilt als Pionierin eines feministischen, queeren Kinos. Dabei denkt Monika Treut ihre Themen stetig weiter, engagiert sich für soziale und politische Belange und erlangte so weltweit Anerkennung. Von Beginn an richtete sie ihren Blick auch auf internationale Phänomene und drehte u.a. in den USA und Taiwan. Ihre Filme über sexuelle Identitätspolitik erweisen sich gerade rückblickend als zukunftsweisend und erstaunlich aktuell.“
Der Jury des Helmut-Käutner-Preises gehörten an: Als Vertreterinnen und Vertreter des Kulturausschusses Marcus Münter, Karin Trepke, Cornelia Mohrs; ferner Miriam Koch, Beigeordnete für Kultur und Integration, Bernd Desinger, Leiter des Filmmuseums Düsseldorf, Bettina Schoeller-Bouju, Produzentin und Regisseurin, Prof. Dr. Marcus Stiglegger, Film- und Kulturwissenschaftler, Publizist, Daniela Abke, Regisseurin und Produzentin. Hinweis: Die Jury-Mitglieder Walid Nakschbandi, Film- und Medienstiftung NRW, und Ruth Schiffer, Landesregierung NRW, waren verhindert und konnten an der Sitzung nicht teilnehmen.
Vita der Preisträgerin Monika Treut
Monika Treut (geboren 1954) hat durch ihre Arbeit das queere und feministische Kino in Deutschland maßgeblich geprägt. Nach dem Abitur 1972 studierte sie Germanistik und Politikwissenschaften in Marburg, wo sie 1978 mit einem Staatsexamen abschloss. Schon während ihres Studiums arbeitete sie an Medienzentren in Marburg, Frankfurt und Berlin und organisierte Filmvorführungen und Video-Dokumentationen. 1984 promovierte sie über die Frauenbilder bei de Sade und Sacher-Masoch. Noch im selben Jahr gründete sie mit ihrer damaligen Partnerin, der Regisseurin und Kamerafrau Elfi Mikesch, die Filmproduktionsfirma „Hyäne I/II“ und gab mit dem experimentellen Spielfilm „Verführung: Die grausame Frau“ (1985) ihr Kinodebüt. Der Film, der weibliche Lust und sado-masochistische Fantasien thematisiert, löste internationale Kontroversen aus und gilt als ein zentrales Werk des queeren Kinos.
Es folgten weitere Werke wie „Die Jungfrauenmaschine“ (1988), die den Blick auf das selbstbestimmte Liebesleben von Frauen in San Francisco warf, und „My Father Is Coming“ (1991), eine multikulturelle Komödie. Treut wendete sich ab den frühen 1990er-Jahren dem Dokumentarfilm zu, mit dem sie einige ihrer wichtigsten Arbeiten realisierte. In Filmen wie „Female Misbehavior“ (1992) und „Gendernauts – Eine Reise durch die Geschlechter“ (1999) porträtierte sie die Trans* Bewegung in San Francisco. 2001 beschäftigte sie sich in „Kriegerin des Lichts“ mit der Künstlerin Yvonne Bezerra de Mello und ihrer Arbeit mit Straßenkindern in Brasilien. Ihre Aufmerksamkeit galt auch der Kultur Taiwans, was sie in „Ghosted“ (2009) und „Das Rohe und das Gekochte“ (2012) verarbeitete. Aktuell ist Monika Treut in der Postproduktion des vor Kurzem in Taipeh abgedrehten Dokumentarfilms „Cooking up Democracy“ über die junge digitale Demokratie in Taiwan. Der Film ist u.a. unterstützt vom BKM, der MOIN Filmförderung und dem öffentlich-rechtlichen Sender PTS in Taiwan.
Ab 2001 verstärkte sich ihr Engagement für politische Themen, etwa in „Zona Norte“ (2016), das die Entwicklung eines alternativen Schulprojekts in Rio de Janeiro dokumentiert. 2021 kehrte sie in „Genderation“ zu den Pionier*innen der Trans* Bewegung zurück und zeigte die Auswirkungen der Gentrifizierung auf die Community in San Francisco. Treuts Arbeiten zeichnen sich durch eine fortwährende Auseinandersetzung mit Geschlecht, Sexualität und gesellschaftlichen Normen aus.
Neben ihrer Filmarbeit war Treut in den USA als Dozentin tätig, unter anderem an Kunstinstituten wie dem San Francisco Art Institute und an Universitäten wie Cornell und Chicago. Zwischen 2018 und 2023 vertrat sie eine Professur für Medien an der Universität Hildesheim. Ihre Filme wurden weltweit auf Festivals gezeigt, und ihr Werk wurde in mehr als 20 Retrospektiven gewürdigt. Monika Treut ist Mitglied der Deutschen Filmakademie, der Freien Akademie der Künste Hamburg und der ProQuote Film.