Frauen für Fotoprojekt in Krefeld gesucht

Es war in Mitten der Corona-Pandemie, als das Kommunale Integrationszentrum (KI) gemeinsam mit den Krefelder Kunstmuseen das Fotoprojekt „Blickwechsel" ins Leben rief.

Krefeld – Menschen mit internationaler Familiengeschichte waren eingeladen, ihre Sicht auf ihr Umfeld und ihr Leben in Krefeld fotografisch-künstlerisch zu vermitteln. Auch der 44-jährige Emin Yildiz wurde auf das Projekt aufmerksam und nahm sich vor, das 60-jährige Anwerbeabkommen mit der Türkei zu thematisieren. Entstanden sind bewegende, intime Fotoaufnahmen der ersten Generation Gastarbeiterfrauen in Deutschland. Die Fotografien wurden bereits im Kaiser-Wilhelm-Museum und im Kommunalen Integrationszentrum gezeigt. Nun soll das Fotoprojekt fortgeführt werden. Gemeinsam mit dem Fotografen sucht das Kommunale Integrationszentrum nun nach Frauen, die Lust haben, sich fotografieren zu lassen. Auch weitere Ausstellungsräume werden gesucht.

Meistens die Geschichten von Männern

„Im Jahr 2021 haben wir in Deutschland das Jubiläum des Anwerbeabkommens gefeiert, und dennoch waren es meistens die Geschichten von Männern, die erzählt wurden, und weniger die der Gastarbeiterfrauen, die mindestens genauso viel geleistet haben“, erklärt KI-Leiterin Senguel Safarpour. Die Frauen waren damals und sind bis heute ein wichtiger Teil der Integrationsgeschichte, führt sie aus: „Während die Männer mit der Arbeit das Leben finanzieren, bewegen sich die Frauen in der Gesellschaft. Sie gehen einkaufen, sie machen Absprachen mit Lehrern, begleiten zu Vereinen oder auf die Spielplätze – und das trotz Sprachbarriere. Das ist eine enorme Leistung.“

Porträts in der Küche

Diese Leistung weiß auch Emin Yildiz zu schätzen. Er selbst wurde 1979 in Duisburg geboren, ein Jahr, nachdem seine Mutter dem Vater aus der Türkei nach Deutschland folgte. Denkt er an seine Kindheit zurück, dann sind da immer wieder die Bilder der Mutter am Küchentisch, die hier Probleme löst, die Kinder erzieht und sich für Integration starkmacht. „Wie in vielen anderen Kulturkreisen auch, ist die Küche bei uns ein besonderer Ort“, schildert der zweifache Familienvater. „Es ist der Mittelpunkt des Familienlebens, war damals aber auch der Platz, an dem sich Gastarbeiterfrauen trafen, um sich auszutauschen und gegenseitig Ratschläge zu geben.“ Als Yildiz sein Fotoprojekt plante, war ihm deswegen schnell klar, dass er die Porträts in der Küche der Gastarbeiterfrauen aufnehmen möchte.

Tür zur inneren Familienwelt

Die Küche allerdings ist nicht nur fester Lebens-, sondern für türkische Frauen auch heute noch ein Schutzraum. Eine Einladung an den Küchentisch bedeutet, die persönliche Tür zur inneren Familienwelt zu öffnen. Gleichzeitig gehört es zur Kultur, sich zurückzunehmen und nicht in den Vordergrund zu stellen. „Diese Mechanismen abzulegen, ist für die erste Gastarbeitergeneration auch heute oft noch eine Herausforderung – gerade, wenn ich als Mann die Fotos schieße“, schildert Yildiz. Begonnen habe er das Fotoprojekt deswegen mit seiner Mutter und Frauen aus ihrem und aus seinem familiären Dunstkreis. Ferdane Bandirma ist zum Beispiel in einem Porträt abgebildet. Sie lebt seit 1974 in Duisburg und hat heute zwei Kinder und vier Enkelkinder. Aufrecht, mit Kopftuch und den Händen auf den Knien abgelegt, sitzt sie vor einem alten Kachelofen. Der Blick ist fest nach vorne gerichtet – Ferdane Bandirma wirkt stark und stolz. „Das Wirken dieser Frauen gestaltet nicht nur das Leben ihrer Kinder und Enkelkinder, sondern auch heute unsere Alltagsrealität und Zukunft“, sagt der Fotograf. „Die Enkeltochter von Ferdane Bandirma zum Beispiel ist Lehrerin an einer Duisburger Gesamtschule.“

Gast am Küchentisch

Auch Naciye Ceylan hat sich fotografieren lassen. Sie kam aus Karaman in der Türkei im Jahr 1969 nach München und lebte später in Krefeld. Auch sie ist Mutter von drei Kinder und Großmutter von sieben Enkelkinder. Auf dem Foto lehnt sie mit dem Arm auf dem Küchentisch, der Kopf ruht schräg auf der Hand, und der Blick ist in die Linse gerichtet. Auf dem Tisch stehen frische Blumen. In der Glasvitrine hinter der Frau deutet sich ein Familienbild an. Das Porträt, das Emin Yildiz von der alten Dame gemacht hat, wirkt nah – der Beobachter könnte meinen, er selbst wäre schon Gast am Küchentisch von Naciye Ceylan gewesen.

Porträtreihe zum Weltfrauentag

„Die Fotos sollen wie eine Ehrung dieser besonderen Biografien sein, die für so viele tolle Gastarbeiterfrauen in Deutschland stehen“, erklärt Yildiz. Gemeinsam mit dem KI sucht er nun nach weiteren Frauen, die Lust haben, sich fotografieren zu lassen und damit Teil des Fotoprojektes zu werden. Auch nach Ausstellungsräumen wird gesucht – im nächsten Jahr möchten das KI gemeinsam mit dem Fotografen die Porträtreihe zum Weltfrauentag zeigen.

Elternbegleiterinnen

Für Nicole Gangolf, Mitarbeiterin des KI, ist es wichtig, Emin Yildiz bei seinem Vorhaben zu unterstützten. Sie lernte den Familienvater über das Programm „Griffbereit“ kennen, das vom KI begleitet wird und bei dem Fadime, die Ehefrau des Fischelners, als Elternbegleiterin mitwirkt. „In unserer Arbeit liegt immer wieder der Fokus auf der Einbindung und Förderung von Frauen“, erklärt Gangolf. „Die Elternbegleiterinnen nehmen für andere nach Deutschland Gekommene eine Art Lotsenfunktion ein, gleichzeitig stärken wir aber auch die Elternbegleiterinnen selbst, indem wir sie schulen und ihnen Verantwortung geben.“ Ziel aller im Programm ist es, die nach Deutschland gekommenen Frauen so stark zu machen, dass sie für sich selbst eine passende Rolle im oft fremden Land finden. Immer wieder haben die Programme Erfolg: Ehemalige Elternbegleiterinnen sind jetzt im Berufsleben angekommen, arbeiten an Schulen oder in Kindertageseinrichtungen oder machen Ausbildungen, zum Beispiel zur Bürokauffrau. Die Familie Yildiz betreibt beispielsweise ein Nachhilfeinstitut und eine Ausbildungsschule in Krefeld-Fischeln.

Elternmoderatoren

Neben dem Programm „Griffbereit“ gibt es noch weitere Projekte, in denen Frauen eingebunden und die durch das KI durchgeführt werden. Die Programme „Rucksack Kita“ und „Rucksack Schule“ arbeiten mit unterschiedlichen Altersgruppen und nehmen vor allem die Sprachkompetenz der Familien in den Fokus. Das Programm „Step by Step“ ermöglicht – unter Einbezug der Eltern – den Übergang von der Kita zur Grundschule. Und bei „Eltern mischen mit“ nehmen Elternmoderatoren eine Brückenfunktion zwischen Schule und Elternhaus ein. „Für die Stärkung des gesamten Familienbündnisses ist es immer wichtig, die Frau in sich zu stärken“, erklärt Gangolf weiter. „Und dazu passt das Fotoprojekt.“ Frauen von Gastarbeitern – nicht nur aus der Türkei, sondern auch aus Italien oder Griechenland – die Lust haben, Teil des Projektes zu werden, können sich per E-Mail an nicole.gangolf@krefeld.de oder telefonisch unter 0 21 51 / 86 25 97 bei Nicole Gangolf melden. Sie vermittelt dann weiter an Emin Yildiz. Eindrücke zur Fotoreihe gibt es auf Instagram unter dem Stichwort „Gastarbeiterfrauen“.

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