Lindner will „null Euro“ für ausreisepflichtige Flüchtlinge

In der Diskussion um die Konsequenzen aus dem Attentat von Solingen hat FDP-Chef Lindner weitere Kürzungen bei den Sozialleistungen für Flüchtlinge gefordert.

Er habe SPD und Grünen vorgeschlagen, dass es für Asylbewerber, für die eigentlich andere EU-Länder zuständig seien, künftig „null Euro“ vom deutschen Steuerzahler geben solle, sagte der FDP-Chef in der ARD. Die Grünen reagierten am Donnerstag zurückhaltend, die SPD wollte sich nicht äußern.

Die Ampel-Regierung arbeitet als Reaktion auf Solingen derzeit an einem „Maßnahmenbündel“. In der nordrhein-westfälischen Stadt hatte am Freitag der mutmaßliche Täter, ein 26-jähriger Syrer, drei Menschen mit einem Messer getötet und weitere teils schwer verletzt.

Der Mann hätte nach den europäischen Dublin-Regeln eigentlich schon im vergangenen Jahr in das EU-Land Bulgarien abgeschoben werden sollen, wo er zuerst europäischen Boden betreten hatte. Er wurde aber von den Behörden nicht in seiner Unterkunft angetroffen, die danach offenbar keinen neuen Versuch unternahmen.

Ausreisepflichtigen Flüchtlingen sollten „mit Ausnahme der Reisekosten in das eigentlich zuständige Land“ gar keine Sozialleistungen mehr gewährt werden, forderte Lindner am Mittwochabend in der ARD-Talksendung „maischberger“. Es gebe „kein Recht von Asylbewerbern im Dublin-Prozess, sich ihren Standort in Europa auszusuchen“.

Im ersten Halbjahr gab es nach Angaben der Bundesregierung 3043 Fälle, bei denen Geflüchtete nach den Dublin-Regeln in andere EU-Staaten zurückgebracht wurden. 4952 weitere geplante Überstellungen scheiterten aber im selben Zeitraum, etwa weil Geflüchtete nicht auffindbar waren, Rechtsmittel einlegten, oder medizinische Probleme hatten.

Es dürften „gar keine Anreize geschaffen werden, für Menschen, die zum Beispiel in Bulgarien zum ersten Mal europäischen Boden betreten“, argumentierte der FDP-Chef. „Da darf es keinen Anreiz geben, überhaupt nach Deutschland kommen zu wollen.“

Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge sagte im NDR dazu, sie habe den Eindruck, dass derartige Vorschläge – auch von CDU-Chef Friedrich Merz – oft „sehr aus der Hüfte geschossen“ seien. „Es ist schon geltende Rechtslage, dass Menschen die ausreisepflichtig sind, einen reduzierten Anspruch haben und nur Sachleistungen bekommen.“

Noch weitergehende Kürzungen aber seien laut höchstrichterlicher Rechtsprechung kaum möglich, sagte die grüne Ko-Fraktionschefin. „Es gibt sehr klare Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts hinsichtlich der Frage, wie weit unter dem Existenzminimum man kürzen darf.“

Bei der SPD wollten sich angesichts noch laufender Verhandlungen in der Koalition weder Partei noch Fraktion zu dem Lindner-Vorschlag äußern. Dies galt auch für einen Bericht der „Bild“-Zeitung, wonach solche Leistungskürzungen im Dublin-Verfahren in den Gesprächen der Ampel-Koalition zu dem geplanten Maßnahmenpaket „konkret in Planung“ seien.

Zudem solle es laut der Zeitung leichtere Ausweisungen von Geflüchteten geben, die Waffen eingesetzt haben. Weitere Elemente seien das von Innenministerin Nancy Faeser (SPD) geplante Verbot längerer Messer und Maßnahmen gegen gewaltbereiten Islamismus.

Die Verschärfung des Waffenrechts sieht die FDP skeptisch. Generalsekretär Bijan Djir-Sarai bekräftigte im Magazin „Focus“, er halte das für eine „Symboldebatte“. Allerdings dürfe es „keine Tabus“ geben, wenn über Fragen der Inneren Sicherheit diskutiert werde. Das Hauptproblem bleibe aber „unkontrollierte Migration“.

Die Grünen im Bundestag fordern als Konsequenz aus dem Anschlag in Solingen eine „Zeitenwende“ in der Innen- und Flüchtlingspolitik. In einem Positionspapier plädieren Fraktionsvize Konstantin von Notz und Parlamentsgeschäftsführerin Irene Mihalic für eine bessere Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Sicherheitsfragen. Beiden können sich dabei vorstellen, innere Sicherheit als Gemeinschaftsaufgabe im Grundgesetz zu definieren.

Die Grünen-Vertreter warfen Bundesinnenministerin von Nancy Faeser (SPD) vor, eine „in weiten Teilen veraltete Sicherheitspolitik“ zu verfolgen. Sie bewege sich „viel zu sehr in Symboldebatten“, statt auf die Defizite einzugehen.
© AFP

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