Die Linke-Vorsitzende Janine Wissler wünscht sich rückblickend, dass die Abspaltung des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) früher erfolgt wäre. „Mit dem Wissen von heute bin ich der Meinung, dass man die Trennung viel früher hätte forcieren müssen“, schreibt Wissler in einem langen Aufsatz, der am Samstag im Online-Magazin der Partei veröffentlicht wurde. „Ich würde gerne sagen, dass man das nicht ahnen konnte, aber das stimmt leider nicht.“
Vor der später eingetretenen Entwicklung hätten Einzelne „schon vor vielen Jahren“ gewarnt, führte Wissler aus. „Ich habe die inhaltliche Kritik an Wagenknecht und Co. zwar vollständig geteilt, habe die Gefahr für die Partei damals aber unterschätzt“, räumte sie ein.
Als sie 2021 zur Parteichefin gewählt worden sei, „glaubte ich noch, dass man die Einheit der Linken erhalten und vieles in diese plurale Partei integrieren könnte“. Erst später sei ihr klar geworden, „dass es keinen gemeinsamen Weg mehr geben kann“.
Letztendlich habe die Linke-Führung es zugelassen, „dass unsere Partei über Jahre hinweg von innen heraus und über die Medien demontiert wurde“, bedauerte Wissler. „Die Folgen der Abspaltung sind vorerst so verheerend wie absehbar.“
Die frühere Linksfraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht hatte im Herbst 2023 das BSW gegründet und gemeinsam mit Gefolgsleuten die Linke verlassen. Dies hatte auch das Ende der Linksfraktion im Bundestag zur Folge, weil die Zahl der verbliebenen Abgeordneten nicht mehr für den Fraktionsstatus ausreichte. Seither gibt es im Bundestag zwei Gruppen: die Linke und BSW.
Bei der Europawahl im Juni schnitt das BSW deutschlandweit deutlich besser ab als die Linke. Auch in den Umfragen zu den Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg im September steht das BSW besser da, teils mit großem Abstand. In bundesweiten Erhebungen erreicht das BSW aktuell acht bis zehn Prozent, die Linke bleibt unter fünf Prozent.
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