Faesers Pläne für Gesichtserkennung stoßen auf gemischtes Echo

Die Pläne von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) zur Nutzung von Software zur Gesichtserkennung durch die Polizei sind auf ein gemischtes Echo gestoßen.

Die Pläne von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) zur Nutzung von Software zur Gesichtserkennung durch die Polizei sind auf ein gemischtes Echo gestoßen. Der stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Konstantin von Notz, sagte am Wochenende, das Vorhaben werfe „verfassungsrechtlich tiefgreifende Fragen“ auf. Auch die FDP hat noch Klärungsbedarf. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter begrüßte hingegen die Pläne.

Dem Bundesinnenministerium zufolge sollen die neuen Befugnisse für Bundeskriminalamt (BKA) und Bundespolizei mit mehreren Gesetzesänderungen eingeführt werden. Der Einsatz von Gesichtserkennungssoftware soll demnach im Bereich von Terrorismus und schwerer sowie organisierter Kriminalität möglich werden.

Konkret geht es dabei laut Ministerium um Befugnisse zum biometrischen Internetabgleich von Bilddaten und zu einer automatisierten Datenanalyse polizeilicher Daten. Als Anwendungsbeispiel nannte das Ministerium etwa Bildmaterial „im Bereich des islamistischen Terrorismus“, um Verdächtige zu identifizieren.

Der digitalpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Maximilian Funke-Kaiser, sagte der Nachrichtenagentur AFP, Faesers Gesetzentwurf sei innerhalb der Bundesregierung nicht abgestimmt und bisher nicht dem Bundestag vorgelegt worden. „Es bleibt unklar, wie diese Pläne mit den klaren Vorgaben des Koalitionsvertrags – wie der Ablehnung der biometrischen Überwachung im öffentlichen Raum und der Wahrung des Rechts auf Anonymität im Internet – vereinbar sein sollen.“

Politiker der Grünen äußerten sich ähnlich kritisch. Von Notz sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND), es gelte „festzuhalten, dass der Koalitionsvertrag aus gutem Grund eine klare Absage an die biometrische Erfassung zu Überwachungszwecken im öffentlichen Raum enthält“. Die durch Faeser vorgeschlagenen Überwachungsformen würden „ebenso verfassungsrechtlich tiefgreifende Fragen“ aufwerfen.

Der Obmann der Grünen-Bundestagsfraktion im Innenausschuss, Marcel Emmerich, sagte dem RND, es müsse verhindert werden, „dass hochsensible Daten unschuldiger Personen durch KI-Systeme massenhaft – oft durch intransparente Algorithmen – flächendeckend erfasst und ausgewertet werden“.

Eine Sprecherin des von Marco Buschmann (FDP) geführten Bundesjustizministeriums erklärte auf AFP-Anfrage, das Vorhaben sei derzeit in der regierungsinternen Abstimmung, weswegen das Justizministerium dazu keine Stellung nehme. Sie verwies außerdem darauf, dass das Thema Gesichtserkennung bei der Umsetzung der europäischen KI-Verordnung eine Rolle spielen könne. Derzeit prüfe die Bundesregierung, ob es hierzu nationale Regeln brauche. Generell müsse der Einsatz einer automatisierten Gesichtserkennungssoftware für die Strafverfolgung verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen und im Einzelfall verhältnismäßig sein.

Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) begrüßte Faesers Pläne. „Wir stehen voll hinter dem Vorschlag“, sagte der BDK-Vorsitzende Dirk Peglow dem RND. Der Plan habe „genau die richtige Intention“. Es könne nicht sein, „dass die Polizeibehörden bei der Ermittlung von unbekannten Tatverdächtigen das Internet aussparen müssen, während investigative Recherchenetzwerke es nutzen können.“ Die rechtlichen Grundlagen und technischen Voraussetzungen zur Online-Fahndung müssten schnell geschaffen werden, forderte Peglow.

Faesers Vorstoß gilt auch als Reaktion auf den Fall der als RAF-Terroristin gesuchten Daniela Klette. Sie war im Februar festgenommen worden, nachdem sie jahrelang unerkannt in Berlin gelebt hatte. Ein Journalist hatte sie nach Medienberichten mit Gesichtserkennungssoftware schon Monate vorher ausfindig gemacht, weil sie private Fotos ins Netz gestellt hatte. Ermittler hatten darauf fehlende Befugnisse zu solchen Recherchen im Internet beklagt.
© AFP

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