Vermieter aus Heidelberg dürfen ihrer pflegebedürftigen Mieterin nicht kündigen, um in die Wohnung ihre 90 Jahre alte Mutter und weitere Verwandte einziehen zu lassen. Ein erzwungener Auszug würde die körperlich behinderte Frau so hart treffen, dass dies schwerer wiege als die Interessen der Vermieter, entschied das Landgericht der baden-württembergischen Stadt nach Angaben vom Donnerstag. Das Mietverhältnis muss demnach auf unbestimmte Zeit weiterlaufen.
Die Mieterin ist zu hundert Prozent schwerbehindert, sitzt im Rollstuhl und braucht fast rund um die Uhr Pflege. Seit 20 Jahren lebt sie in der Erdgeschosswohnung. Seit 2015 gehört diese den aktuellen Vermietern. Im Jahr 2023 kündigten die Vermieter den Mietvertrag wegen Eigenbedarfs. Sie gaben an, dass sie die Wohnung für die fast 90 Jahre alte Mutter der Vermieterin bräuchten.
Diese lebe im dritten Stock ohne Aufzug, benutze einen Rollator und könne ihre bisherige Wohnung kaum mehr selbstständig verlassen. Außerdem brauche sie ebenfalls rund um die Uhr eine Pflegekraft. Die Pflege solle ihr Enkel übernehmen, der mit seiner Familie einziehen solle.
Die Mieterin widersprach der Kündigung. Sie gab an, dass sie schon seit 2019 intensiv nach einer neuen Wohnung suche. Wegen ihrer Behinderung sei es aber unmöglich, auf dem Heidelberger Wohnungsmarkt eine angemessene Ersatzwohnung zu finden.
Die Vermieter zogen vor Gericht. Vor dem Amtsgericht hatten sie zunächst Erfolg, dieses verurteilte die Mieterin zur Räumung der Wohnung. Das Landgericht hob das amtsgerichtliche Urteil nun aber auf.
Es erklärte, dass die Eigenbedarfskündigung zwar an sich berechtigt sei. Die Interessen der Vermieter seien gewichtig. Ein Auszug bedeute aber für die Mieterin eine unzumutbare Härte. Sie könne nur barrierefrei im Erdgeschoss wohnen. Ihre gesamte Versorgung sei an die Wohnung geknüpft und somit auch ihre soziale Teilhabe damit verbunden.
Selbst ein von den Vermietern beauftragter Makler habe keine Ersatzwohnung für sie finden können. Damit komme nur ein Umzug ins Pflegeheim in Betracht, wozu sie aber nicht gezwungen werden dürfe. Für die Mutter der Vermieterin sei es nicht genauso aussichtslos, eine andere Wohnung zu finden, erklärte das Gericht.
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