Scholz zur Freilassung Krasikows: „Niemand hat sich die Entscheidung einfach gemacht“

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat die Freilassung des sogenannten Tiergarten-Mörders Vadim Krasikow im Zuge des Gefangenenaustauschs mit Russland mit der Gefahr für Leib und Leben in Russland inhaftierter deutscher Staatsbürger begründet.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat die Freilassung des sogenannten Tiergarten-Mörders Vadim Krasikow im Zuge des Gefangenenaustauschs mit Russland mit der Gefahr für Leib und Leben in Russland inhaftierter deutscher Staatsbürger begründet. „Niemand hat sich die Entscheidung einfach gemacht, einen zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilten Mörder nur nach wenigen Jahren der Haft abzuschieben“, sagte Scholz am Donnerstagabend am Flughafen Köln/Bonn.

In diesem Fall habe das staatliche Interesse an der Vollstreckung der Strafe abgewogen werden müssen „mit der Freiheitsgefahr für Leib und in einigen Fällen auch des Lebens unschuldig in Russland inhaftierter Personen und zu Unrecht politischen Inhaftierter“. Für die Bundesregierung sei entscheidend gewesen, „dass wir eine Schutzverpflichtung haben gegenüber deutschen Staatsangehörigen sowie auch die Solidarität mit den USA“. Die Umsetzung sei „durch ein vom Generalbundesanwalt verfügtes Absehen von der Vollstreckung der Freiheitsstrafe und anschließender Abschiebung“ erfolgt, sagte Scholz.

Krasikow war Ende 2021 zu lebenslanger Haft in Deutschland verurteilt worden. Er hatte nach Überzeugung des Berliner Kammergerichts im August 2019 einen tschetschenischstämmigen Georgier im Kleinen Tiergarten in der Hauptstadt erschossen. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Krasikow den Mord im Auftrag staatlicher russischer Stellen begangen hatte.

Russland, Belarus sowie auf der anderen Seite fünf Nato-Staaten, darunter die USA und Deutschland, vollzogen am Donnerstagnachmittag den Gefangenenaustausch, der 24 Inhaftierte und zwei Minderjährige betraf. Umgesetzt wurde der Austausch über die Türkei. Es war der größte Austausch dieser Art seit Ende des Kalten Krieges.

Russland ließ 15 Gefangene frei, darunter vier mit deutschem Pass; auch die Freilassung eines in Belarus zunächst zum Tode verurteilten und später begnadigten Deutschen konnte erreicht werden. Im Gegenzug konnten nach Angaben des russischen Geheimdienstes FSB acht russische Häftlinge und zwei Minderjährige nach Russland zurückkehren.

Die inhaftierten Deutschen seien „unter fadenscheinigen Gründen, etwa des Vorwurfs der Hochverrats, angeklagt und zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden“, sagte Scholz. Eine kleine Gruppe der freigelassenen US-Bürger, darunter der „Wall Street Journal“-Reporter Evan Gershkovich, sei direkt in die USA geflogen, die übrigen seien am Donnerstagabend auf dem Weg von Ankara nach Deutschland. „Sie werden kurz vor 23.00 Uhr hier am Flughafen in Köln/Bonn erwartet, und ich freue mich, sie dann in Freiheit begrüßen zu dürfen“, sagte der Kanzler.

Bei den fünf freigelassenen Deutschen oder deutsch-russischen Staatsbürgern handelt es sich nach AFP-Informationen um Kevin Lick, Dieter Voronin, German Moyzhes, Patrick Schöbel sowie den in Belarus inhaftierten Rico Krieger. Zu den weiteren von Russland freigelassenen Gefangenen zählen unter anderen der prominente russische Oppositionspolitiker Wladimir Kara-Mursa sowie der russische Menschenrechtsaktivist Oleg Orlow, der Ko-Vorsitzende der in Russland verbotenen Menschenrechtsorganisation Memorial.

„Jenseits der genannten Einzelfälle wird die Bundesregierung auch weiter für die Freilassung all derjenigen kämpfen, die zu Unrecht in russischen und belarussischen Gefängnissen sitzen, weil sie sich politisch engagiert haben“, sagte Scholz. „Das bleibt ein unverändert wichtiges Anliegen.“
© AFP

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