Das Bundeskabinett hat umfassende Entlastungen für Steuerzahlerinnen und Steuerzahler beschlossen. In dem am Mittwoch verabschiedeten Gesetzentwurf ist vorgesehen, dass der Grundfreibetrag der Einkommensteuer sowie der Kinderfreibetrag erhöht werden. Zur Anpassung an die Inflation werden außerdem die Einkommensteuertarife angehoben. Das hat zur Folge, dass die Steuerlast für Bürgerinnen und Bürger sinkt. Zudem soll das Kindergeld erhöht werden und die Abschaffung der Steuerklassen III und V für mehr Steuergerechtigkeit sorgen.
Schon in diesem Jahr soll der Grundfreibetrag der Einkommensteuer um 180 Euro auf 11.784 Euro steigen. Im kommenden Jahr dann um weitere 300 Euro auf 12.084 Euro und 2026 um weitere 252 Euro auf 12.336 Euro. Davon profitieren alle Steuerzahlerinnen und Steuerzahler – verhältnismäßig aber vor allem Geringverdienende.
Im gleichen Zuge sollen die Kinderfreibeträge zunächst rückwirkend für 2024 um 228 Euro auf 6612 Euro und für 2025 um 60 Euro auf 6672 Euro erhöht werden. 2026 erfolgt eine weitere Anhebung von 156 Euro auf 6828 Euro. Zudem ist eine Anhebung der Freigrenzen beim Solidaritätszuschlag in den kommenden beiden Jahren geplant.
Mit dem neuen Gesetz soll auch die sogenannte kalte Progression bekämpft werden, also schleichende Steuererhöhungen durch die Inflation. Dafür sorgen soll eine Verschiebung der Einkommensteuertarife „nach rechts“ – so werden höhere Steuersätze erst mit höheren Einkommen fällig. „Wir bewahren die arbeitende Bevölkerung auch in den kommenden beiden Jahren vor schleichenden Steuererhöhungen“, erklärte dazu Finanzminister Christian Lindner (FDP).
Diese Maßnahmen sind eine Konsequenz aus der im Grundgesetz festgelegten Anhebung des steuerfreien Existenzminimums. „Solange wir für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler noch keinen Automatismus – keinen ‚Tarif auf Rädern‘ – haben, müssen regelmäßig die Gesetze angepasst werden“, erklärte Lindner. „Insgesamt werden wir Menschen und Betriebe um 30 Milliarden Euro entlasten.“
Das Kindergeld wird zum neuen Jahr um fünf Euro monatlich auf 255 erhöht. Zum Jahresbeginn 2026 ist dann eine weitere Erhöhung um vier Euro geplant. Es soll geregelt werden, dass das Kindergeld ab 2026 parallel zur Erhöhung der Kinderfreibeträge angepasst wird.
Der Gesetzentwurf sieht zudem eine Reform der Steuerklassen vor. So sollen die Steuerklassen III und V für Verheiratete abgeschafft und in das sogenannte Faktorverfahren überführt werden. Damit wird jeder Ehepartner anhand seines individuellen Arbeitslohnes besteuert.
Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) sprach von einem wichtigen gemeinsamen Projekt der Ampel-Koalition, das positive Auswirkungen für Millionen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler haben werde. „Gerade viele Frauen werden mehr Netto vom Brutto auf ihrem monatlichen Lohnzettel sehen“, erklärte Paus. „Zweitverdienerinnen – insbesondere Minijobberinnen – erhalten dadurch Anreize, ihre Erwerbstätigkeit auszuweiten.“
Außerdem enthält das am Mittwoch beschlossene Gesetz die ersten Maßnahmen aus der Wachstumsinitiative, auf die sich die Regierung Anfang des Monats gemeinsam mit dem Bundeshaushalt für das kommende Jahre geeinigt hatte. So sollen steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten vereinfacht und entbürokratisiert werden.,Der stellvertretende SPD-Fraktionschef Achim Post erklärte: „Angesichts weiterhin bestehender Belastungen für viele Bürgerinnen und Bürger durch Inflation, Energie- und Lebenshaltungskosten ist das ein richtiger Impuls zur richtigen Zeit.“ Beschäftigte und Familien profitieren besonders.
Die Union übte Kritik am aus ihrer Sicht zu späten Zeitpunkt der Maßnahmen. Die Koalition wolle „das Gesetz nun im Rekordtempo durch das Parlament peitschen“, kritisierte die finanzpolitische Sprecherin der Fraktion, Antje Tillmann (CDU).,Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) kritisierte die Anhebung des Kinderfreibetrags und den Abbau der „kalten Progression“. „Wer sehr viel verdient, wird im kommenden Jahr durch den höheren Kinderfreibetrag bis zu 1570 Euro pro Kind mehr haben als diejenigen, die nur Anspruch auf Kindergeld haben“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell der „Rheinischen Post“.
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