Das umstrittene Lieferkettengesetz wird bald für deutlich weniger Firmen gelten als bisher. Zwei Drittel der Unternehmen würden künftig nicht mehr unter die deutschen Vorschriften zur Prüfung von Menschenrechts- und Umweltverstößen entlang ihrer Lieferkette fallen, sagte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) am Freitag. Auch werde die Umsetzung des europäischen Lieferkettengesetzes zum „europarechtlich spätmöglichsten Zeitpunkt“ hinausgezögert.
Das deutsche Lieferkettengesetz ist der Wirtschaft und der FDP seit Jahren ein Dorn im Auge. Unternehmen beklagen dadurch einen hohen bürokratischen Aufwand und Nachteile gegenüber ausländischen Wettbewerbern. Die Verabschiedung einer einheitlichen europäischen Richtlinie versuchten die Liberalen dennoch zu verhindern, weil sie in einigen Bereichen über die Regeln des deutschen Gesetzes hinausgeht.
Schließlich nahm das europäische Gesetz Ende Mai dennoch die letzte Hürde im Ministerrat in Brüssel. Die Mitgliedsländer haben nun zwei Jahre Zeit, um ihre Gesetzgebung anzupassen. „Wir überführen das europäische Lieferkettengesetz möglichst schnell ins deutsche Recht“, versprach Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), ließ aber den Anwendungszeitpunkt offen. Bei dieser Gelegenheit werde dann auch das deutsche Gesetz „entschlackt“ – und auf Druck der FDP offenbar auch aufgeweicht.
Die Vereinbarungen zum Lieferkettengesetz sind Teil des sogenannten Pakets zur Konjunkturbelebung, auf das sich die Ampel-Koalitionäre im Rahmen der Verhandlungen zum Haushalt für das Jahr 2025 geeinigt haben. Die Wirtschaftsleistung soll so im kommenden Jahr um fast 26 Milliarden Euro steigen, vorgesehen sind etwa steuerliche Vorteile für Unternehmen und Anreize zur Mehrarbeit für Arbeitnehmer.
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