Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat bei ihrem Besuch in Israel ein Ende des Gaza-Kriegs gefordert. Der Ende Mai von US-Präsident Joe Biden vorgestellte mehrstufige Plan für eine Waffenruhe zeige einen „klaren Weg zu diesem Ziel“ auf, sagte Baerbock am Montag bei einer Sicherheitskonferenz an der Reichman-Universität in der Stadt Herzlija. Zudem forderte sie erneut eine Zweistaatenlösung. Die Zweistaatenlösung sieht einen unabhängigen, mit Israel koexistierenden Palästinenserstaat vor.
Bidens Vorschlag könne eine Waffenruhe und die Freilassung der Hamas-Geiseln ermöglichen sowie zu einer „dauerhaften Sicherheit für Israelis und Palästinenser“ führen, sagte Baerbock in ihrer auf Englisch gehaltenen Rede. „Wir fordern die Hamas dringend auf, diesen Plan zu akzeptieren.“ Die radikalislamische Palästinenserorganisation habe diesen Krieg begonnen. „Und sie muss diesen Horror beenden“, betonte die Außenministerin.
Sie sei sich bewusst, dass die von Biden präsentierten Vorschläge in Israel nicht von allen befürwortet werden. „Einige fordern die Fortsetzung der israelischen Kontrolle über den Gazastreifen und einen Krieg, der unendlich lange andauert“, sagte Baerbock. „Ich möchte in aller Aufrichtigkeit fragen: Wie würde ein endloser Krieg die Sicherheit der Familien verbessern, die in ihre Häuser in Sderot, in Kirjat Schmona zurückkehren wollen? Wie würde er das Leiden der Angehörigen der Geiseln beenden? Und wie würde mehr Leid in Gaza mehr Sicherheit für Israel bringen?“
Israel habe „echte Erfolge“ erzielt in seinen Bemühungen, die militärischen Fähigkeiten der Hamas zu zerstören, betonte Baerbock. Entscheidend sei auch, dass sich Israels arabische Nachbarn zusammengefunden hätten, um über Möglichkeiten nachzudenken, Sicherheit sowohl für Israel als auch die Palästinenser zu schaffen. „Darauf sollten wir aufbauen“, fügte die Grünen-Politikerin hinzu.
Weiter betonte Baerbock die Notwendigkeit einer Zweistaatenlösung, die ihrer Meinung nach „der beste Weg zu einem dauerhaften Frieden“ bleibe. Zudem sprach sie sich für eine Reform der Palästinensischen Autonomiebehörde aus – ohne die von ihr geschaffenen Strukturen jedoch „zu zerstören“.
Ähnlich äußerte sich während der Konferenz auch der US-Botschafter in Israel, Jacob Lew. Für eine Zeit nach dem Krieg im Gazastreifen seien eine „zivile Ordnung und eine zivile Verwaltung“ für das Küstengebiet notwendig, sagte er. Die US-Regierung sei davon überzeugt, dass „die Palästinensische Autonomiebehörde ein Teil davon sein muss“. Zudem bekräftigte er die Unterstützung der USA für eine Zweistaatenlösung.
Am Dienstag kommt Baerbock mit dem israelischen Außenminister Israel Katz in Jerusalem zusammen. Geplant ist zudem ein Gespräch mit dem neuen palästinensischen Regierungschef Mohammed Mustafa in Ramallah.
Baerbock reist dann nach eigenen Worten weiter in den Libanon. Die zunehmenden Spannungen an der Grenze zwischen Israel und dem Libanon nannte die Ministerin am Rande des EU-Außenministertreffens in Luxemburg „mehr als besorgniserregend“. Zuletzt war Baerbock Ende April im Nahen Osten, wo sie unter anderem den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu traf.
Der Krieg zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas war am 7. Oktober durch den beispiellosen Großangriff der Palästinenserorganisation auf Israel ausgelöst worden. Damals töteten islamistische Kämpfer nach israelischen Angaben 1194 Menschen und verschleppten 251 Menschen als Geiseln in den Gazastreifen, von denen sich nach wie vor 116 in dem Palästinensergebiet befinden. Nach Angaben der israelischen Armee sind 41 von ihnen bereits tot.
Als Reaktion auf den Hamas-Angriff geht Israel seither massiv militärisch im Gazastreifen vor. Nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, die nicht unabhängig überprüft werden können, wurden dabei bislang mehr als 37.600 Menschen getötet.
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