Bundesarbeitsgericht: Altenpflegerin ohne Corona-Impfung verliert Lohnanspruch

Pflegeeinrichtungen durften im Corona-Jahr 2022 ungeimpfte Beschäftigte ohne Fortzahlung der Vergütung von der Arbeit freistellen.

Pflegeeinrichtungen durften im Corona-Jahr 2022 ungeimpfte Beschäftigte ohne Fortzahlung der Vergütung von der Arbeit freistellen. Das entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) am Mittwoch in Erfurt in einem Fall, der sich um die Zeit vom 16. März 2022 bis zum 31. Dezember 2022 dreht. Nach einem weiteren Urteil durften die Einrichtungen außerdem den Urlaubsanspruch der Mitarbeiter entsprechend anteilig kürzen. Abmahnungen stand allerdings das Grundrecht der Beschäftigten auf körperliche Unversehrtheit entgegen. (Az.: 5 AZR 192/23 und 5 AZR 167/23)

Beschäftigte in Pflege- und anderen Gesundheitseinrichtungen mussten bis zum 16. März 2022 einen Nachweis über eine Corona-Impfung, eine Immunität durch Genesung oder über eine Impfunverträglichkeit vorlegen. Andernfalls konnten die Gesundheitsämter ein „Betretungsverbot“ für die jeweilige Einrichtung aussprechen.

Im ersten Fall wies das BAG eine Altenpflegerin aus Südbaden ab. Sie hatte diesen Nachweis nicht vorgelegt. Ihr Arbeitgeber stellte sie daher ab dem 16. März 2022 von der Arbeit frei und zahlte auch keinen Lohn mehr.

Zu Recht, wie nun das BAG entschied. Nicht nur die Gesundheitsämter, sondern auch die Einrichtungen hätten den Nachweis verlangen dürfen. Das ergebe sich aus dem doppelten Zweck der Regelung, die Bewohner und Patienten von Gesundheitseinrichtungen zu schützen „und zugleich die Funktionsfähigkeit der Einrichtungen aufrechtzuerhalten“. Dass es im Nachhinein Streit um die Effektivität dieser Maßnahme gab, stehe ihrer rechtlichen Wirksamkeit nicht entgegen.

Ohne den Impfnachweis sei die Altenpflegerin „außerstande (gewesen), die geschuldete Arbeitsleistung zu bewirken“, argumentierte das BAG. Daher stehe ihr für den Zeitraum der Freistellung auch kein Lohn zu.

Eine hier erteilte Abmahnung müsse die Pflegeeinrichtung allerdings wieder aus der Personalakte nehmen. Die unterlassene Impfung sei „keine abmahnfähige Pflichtverletzung“ gewesen. Denn Arbeitnehmer konnten sich hier auf ihr Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit berufen. Dies „hatten Arbeitgeber als höchstpersönliche Entscheidung der Arbeitnehmer zu respektieren“.

Nach einem weiteren Urteil zu einer Alltagsbegleiterin eines Seniorenwohnheims in Nordrhein-Westfalen führt eine solche Freistellung auch zu einem geringeren Urlaubsanspruch. Die Arbeitgeber dürften die arbeitsfreie Zeit anteilig bei der Berechnung des Jahresurlaubs berücksichtigen, urteilte das BAG.
© AFP

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