Vor den Bund-Länder-Beratungen am Donnerstag bleiben die Fronten im Streit um eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden verhärtet. Die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) pochte für die Bundesländer auf die Einführung einer solchen Versicherung, Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) bekräftigte am Mittwoch seinen Widerstand. Er warnte in Berlin vor einer „unglaublichen Bürokratie“. Zudem wäre eine Pflichtversicherung ohne Beteiligung des Staates nicht bezahlbar, sagte er.
Die Hochwasserkatastrophe in Bayern und Baden-Württemberg Anfang Juni hat die Diskussion um eine Pflichtversicherung wieder angefacht. Die Bundesländer bekräftigten am Freitag im Bundesrat ihre Forderung danach. Am Donnerstag wollen die Regierungschefinnen und -chefs der Länder darüber mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) beraten.
Saarlands Regierungschefin Rehlinger sagte den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland vom Mittwoch: „Weil der Bund nicht gehandelt hat, gleichen die Bundesländer entstandene Schäden wieder mit Steuergeld aus. Das kann so nicht bleiben.“ Das französische Modell zeige, „dass eine Pflichtversicherung auch bezahlbar geht und ohne, dass der Staat ständig einspringen müsste“.
Eine Pflichtversicherung wird auch von großen Teilen der Ampel-Koalition befürwortet – die FDP lehnt sie hingegen ab. Buschmann sagte dazu: „Wir wissen mittlerweile, dass das Versprechen nicht gehalten werden kann“, dass eine Pflichtversicherung zu niedrigeren Beiträgen für alle führen würde. Eine Versicherungsprämie bestehe aus dem Risiko eines Gebäudes, Schaden zu nehmen, und den Kosten, die bei einem Schaden entstehen. „Diese Prämie ändert sich nicht, wenn das Gebäude rechts und links versichert ist.“
Daher wäre eine Pflichtversicherung „mit ganz schwierigen Konsequenzen verbunden“, warnte der Minister. So gebe es Regionen in Deutschland, wo die Versicherungsprämien so hoch seien, „dass wir möglicherweise Menschen aus ihrem Elternhaus vertreiben, die sich die Versicherungsprämie nicht mehr leisten können“. In solchen Regionen würden die Nebenkosten durch eine Pflichtversicherung möglicherweise so stark ansteigen, dass auch Mieterinnen und Mieter sich das Wohnen dort nicht mehr leisten könnten.
Eine mögliche Durchschnittsprämie wiederum „würde nur funktionieren, wenn es einen staatlichen Einheitsversicherer gäbe“ und die Politik eine Art Risikostrukturausgleich konstruieren würde, sagte der Justizminister. Das sei „unglaublich bürokratisch, unglaublich kompliziert“.
Er sei daher für eine Angebotspflicht: Alle Menschen, die eine Elementarschadenversicherung wollten, sollten auch eine bekommen, sagte Buschmann. Menschen mit Altverträgen bekämen dann ein Angebot, ihre Versicherung aufzustocken. Bei Neuverträgen sollte eine Elementarschadenversicherung enthalten, aber abwählbar sein.
Der Präsident des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), Norbert Rollinger, begrüßte den Vorschlag des Ministers. „Wir wünschen uns selbst, dass sich mehr Kunden gegen die Folgen von Naturkatastrophen versichern“, sagte er der „Augsburger Allgemeinen“ vom Donnerstag. „Aber jeder soll das frei entscheiden dürfen.“
Die Versicherungen würden bei einer solchen gesetzlichen Regelung auch allen Hausbesitzern an den Flüssen und Bächen, die über die Ufer getreten sind, ein Angebot machen, versicherte Rollinger. „Das ist ja der Kern der Angebotspflicht.“
Die Höhe der Prämien sollten dabei in einem bezahlbaren Rahmen bleiben: „Wir reden da in der Regel vom niedrigen vierstelligen Bereich, allerdings mit Selbstbehalt.“ Die Höhe der Beiträge spiegele das Risiko wider, wie es auch bei anderen Versicherungen der Fall sei, sagte der GDV-Präsident. Für über 98 Prozent der Häuser in Deutschland sei die Elementarschadenversicherung schon jetzt unproblematisch.
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