1700 Krankenhäuser im Vergleich: Bund schaltet neuen Online-Atlas frei

Ab Freitag können sich die Bürgerinnen und Bürger online über die Stärken und Schwächen der Krankenhäuser hierzulande informieren.

Seit Freitag können sich die Bürgerinnen und Bürger online über die Stärken und Schwächen der einzelnen Krankenhäuser hierzulande informieren. „Mit dem Bundes-Klinik-Atlas bieten wir Patientinnen und Patienten einen übersichtlichen Wegweiser durch den Krankenhaus-Dschungel in Deutschland“, erklärte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) bei der Vorstellung des Atlas in Berlin. „Mit wenigen Klicks können sie Kliniken vergleichen und für die benötigte Behandlung in ihrer Nähe die beste Klinik finden.“

Über das Portal www.bundes-klinik-atlas.de lassen sich Informationen für jede einzelne der rund 1700 deutschen Kliniken abrufen. Allerdings sind noch nicht alle Informationen ab sofort verfügbar – der Atlas soll schrittweise in den kommenden Monaten ergänzt werden.

Bereits jetzt können Patientinnen und Patienten in dem Atlas ablesen, welche Einrichtungen welche Eingriffe anbieten, wie oft diese dort vorgenommen werden und wie viele Pflegekräfte vor Ort sind. Zudem wird sichtbar, welche Kliniken ihren Spezialisierungsgrad für bestimmte Behandlungen durch Zertifikate nachweisen können.

In Kürze – nach Lauterbachs Worten „in wenigen Wochen“ – sollen auch die Komplikationsraten für ausgewählte Eingriffe veröffentlicht werden – also Daten dazu, wo eine Operation wie oft schief geht. Derartige Daten werden bislang auch schon erhoben, aber nicht veröffentlicht.

„Das wird dazu führen, dass die Patientinnen und Patienten wählerischer sein werden für ihren Eingriff“, sagte Lauterbach. Dass manche Kliniken dann bei bestimmten Eingriffen gemieden werden, sei durchaus gewollt, sagte Lauterbach – und verwies auf Studien, wonach es „sehr große Unterschiede“ in der Behandlungsqualität von einzelnen Kliniken gebe.

Die Wahl des richtigen Krankenhauses senke auch das Sterberisiko, sagte Lauterbach. Jedes Jahr gebe es tausende vermeidbare Sterbefälle, nur weil Patientinnen und Patienten in einer Klinik behandelt wurden, der die nötige Qualifikation fehle.

Die Daten für den Atlas werden vom Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) geliefert. Der Atlas sei „unabhängig und objektiv“, sagte IQTIG-Leiter Claus-Dieter Heidecke. „Das Portal ermöglicht es Patientinnen und Patienten, gut informierte und fundierte Entscheidungen zur Auswahl eines Krankenhauses zu treffen, wobei sie oder er sich im Bundes-Klinik-Atlas auch bis zur kleinsten Detailebene herunterklicken kann.“

Patientenschützer begrüßten das neue Online-Angebot, warnten zugleich aber davor, dass Kliniken künftig bevorzugt „jüngere, erfolgsversprechende Patienten“ aufnehmen, um gute Erfolgsbilanzen vorweisen zu können. „Die Folge wäre die Diskriminierung von alten, chronisch kranken und pflegebedürftigen Menschen“, warnte Eugen Brysch von der Stiftung Patientenschutz.

Ampel-Politiker lobten das neue Angebot. Der Grünen-Gesundheitsexperte Armin Grau sprach von einem „entscheidenden Schritt voran zu mehr Qualitätstransparenz im deutschen Gesundheitswesen“. Der FDP-Gesundheitsexperte Andreas Ullmann rief die Patientinnen und Patienten zur aktiven Nutzung des Atlas auf: „Sich zu informieren und den Krankenhaus-Atlas wirklich zu nutzen, ist Sache der Patientinnen und Patienten.“ ,Rechtliche Basis für den Atlas ist das im März vom Bundesrat gebilligte Krankenhaus-Transparenzgesetz. Der Atlas ist Teil von Lauterbachs Krankenhausreform, die unter anderem für mehr Spezialisierung sorgen soll.

Im Internet gibt es bereits bestehende Vergleichsportale zur Krankenhausqualität – etwa von den Krankenkassen. Der neue Bundes-Atlas hebe sich davon durch seine leichte Verständlichkeit und die große Datenmenge ab, sagte Minister Lauterbach. Aufgebaut sei das System „in einer Art und Weise, dass jeder es kapiert“.
© AFP

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