Im koalitionsinternen Rentenstreit hat FDP-Fraktionschef Christian Dürr die Forderungen seiner Partei nach einem strengeren Sparkurs verteidigt und stärkere Arbeitsanreize im Alter gefordert. „Wir müssen auch an zukünftige Beitragszahlerinnen und Beitragszahler denken, die die Rente finanzieren“, sagte er am Dienstag im ZDF-„Morgenmagazin“. Bei einem Pressestatement am Nachmittag sagte Dürr mit Blick auf den steuerfinanzierten Zuschuss zur Rentenversicherung, dass der Staatshaushalt „generationengerecht“ sein müsse – das gelte auch für die Rente.
Der FDP-Fraktionschef verwies darauf, dass die so genannte Rente mit 63 von einer Vorgängerregierung eingeführt worden sei. Damals sei nicht über Wahlperioden hinaus gedacht worden – „das macht sich diese Koalition eben nicht so leicht wie die Große Koalition“, sagte Dürr. Die Ampel-Regierung sei sich einig, dass es sichere und steigende Renten geben soll. Ebenfalls bestehe Einigkeit, dass es „keine krass steigenden Beiträge“ geben soll.
Dürr warb für eine Abkehr von einem starren Renteneintrittsalter und ein flexibles Rentenmodell. In Schweden beispielsweise gebe es Menschen, die freiwillig länger arbeiteten, „weil es sich für sie lohnt, weil sie Lust dazu haben“. Das müsse nicht für jeden gelten, und in manchen Berufen gehe es nicht. Flexibilität sei aber sinnvoll, „weil Lebensentwürfe heute unterschiedlich und anders sind, als das noch vor 20 oder 30 Jahren der Fall war“.
Auf zusätzliche Reformen im Rentensystem drang auch FDP-Parlamentsgeschäftsführer Johannes Vogel. Allein schon wegen des demografischen Wandels seien solche Reformen nötig, sagte Vogel in Berlin. Der FDP-Politiker forderte, den Umstieg hin zu einer Aktienrente stärker voranzutreiben als bisher von der Regierung geplant. „Wir bleiben an dem Thema dran“, betonte er.
Am Montag hatte das FDP-Parteipräsidium ein Fünf-Punkte-Programm verabschiedet, dass unter anderem die Rente mit 63 in Frage stellt. „Die Rente mit 63 wie das Bürgergeld in seiner jetzigen Ausgestaltung setzen Fehlanreize, die wir uns nicht leisten können“, heißt es in dem Präsidiumsbeschluss. „Wir brauchen jeden und jede am Arbeitsmarkt, damit es in Deutschland für alle wieder aufwärtsgehen kann.“ Der Staat müsse „im Rahmen der verfügbaren Mittel“ haushalten.
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich nannte es „müßig“, dass ein Koalitionspartner jedes Wochenende einen neuen Punktekatalog „in die Welt schickt“. Davon habe „niemand etwas“. Die Rente sei nichts, was der Staat gewährt, sondern was sich „die Menschen hart erarbeitet haben“. Mützenich bekräftigte eine Aussage von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) aus der vergangenen Woche, dass das Kabinett das Rentenpaket noch in diesem Monat auf den Weg bringen solle – „ohne irgendwelche Klauseln und Prüfvermerke“, wie Mützenich sagte.
Für den Chef der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Alexander Dobrindt, ist der neuerliche Streit der Ampel-Regierung „ein weiteres Kapitel ihrer Chaos-Agenda“. Es werde von einem der Koalitionspartner „wiederholt bei Entscheidungen nachgetreten“. Das Rentenpaket enthalte „erhebliche Mehrbelastungen“ und sei „von Grund auf falsch aufgestellt worden“, sagte Dobrindt.
Der Vorsitzende der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, Frank Werneke, kritisierte die Forderungen der Liberalen scharf. Der Plan, die Rente mit 63 abzuschaffen, sei „ein Affront insbesondere gegenüber den hart arbeitenden Menschen, die lange Jahre ins Rentensystem eingezahlt haben“, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Die Rente mit 63 gebe es zudem „in dieser Form gar nicht mehr“.
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