Bei der Verleihung des Karlspreises an Oberrabbiner Pinchas Goldschmidt und die jüdischen Gemeinschaften in Europa hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Donnerstag in Aachen zum Kampf gegen Judenhass aufgerufen. „Wer das europäische Judentum ehrt, kann über Antisemitismus nicht schweigen“, sagte der Vizekanzler in seiner Festrede im Rathaus der nordrhein-westfälischen Stadt laut vorab verbreitetem Redemanuskript.
Die Jury des Karlspreises habe mit der Verleihung an Goldschmidt „ein Zeichen gegen Antisemitismus“ gesetzt, fügte Habeck an. Es sei zugleich „ein Zeichen dafür, dass jüdisches Denken und jüdisches Leben Europa reicher macht – ja ausmacht“. Realität aber sei, dass Antisemitismus in Europa in den vergangenen Jahren „ausgeprägter denn seit langem“ präsent sei.
Goldschmidt ist Präsident der Europäischen Rabbinerkonferenz und wird laut Karlspreisdirektorium wegen „seines herausragenden Wirkens für den Frieden, die Selbstbestimmung der Völker und die europäischen Werte“ gewürdigt. Die Preisverleihung findet traditionell im Krönungssaal des Aachener Rathauses statt. Als weiterer Festredner neben Habeck wird der albanische Ministerpräsident Edi Rama zu den geladenen Gästen sprechen.
Mit dem Internationalen Karlspreis zu Aachen werden bereits seit 1950 Persönlichkeiten oder Institutionen ausgezeichnet, die sich um Europa und die europäische Einigung verdient machten. Zu den prominentesten Preisträgern zählen Papst Franziskus und der französische Präsident Emmanuel Macron. Im vergangenen Jahr ging die Auszeichnung an den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und das ukrainische Volk.
Habeck forderte in seiner Festrede zugleich ein selbstbewussteres Europa auf der globalen Bühne. „Europa schaut zu sehr nach innen“, sagte er. Um in einem „umkämpften geopolitischen Umfeld“ bestehen zu können, brauche Europa „außenpolitische und sicherheitspolitische Handlungsfähigkeit“, eine gemeinsame Finanzpolitik und eine Reform gemeinsamer Institutionen.
Europa habe zwar „bewiesen, dass es die Technik der Regelgebung und die Kontrolle der Regeleinhaltung beherrscht“, fügte der Wirtschaftsminister mit Blick unter anderem auf die Überwachung des gemeinsamen Binnenmarkts an. Dies sei „wichtig und gut“. Aber Europa laufe Gefahr, sich in den eigenen Regeln „zu verstricken“. Es dürfe „nicht stehen bleiben, wo es ist“.
„Im gewissen Sinn spricht daraus sogar eine Hybris – die überkommene Vorstellung, dass Europa so mächtig ist, dass es sich vor allem um sich selbst kümmern kann“, fügte Habeck hinzu. „So ist es längst nicht mehr.“
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