Niedersachsens Regierung muss Vornamen von Verdächtigen nach Krawallen nicht nennen

Ein niedersächsischer AfD-Abgeordneter ist vor Gericht mit der Forderung gescheitert, dass die Landesregierung die Vornamen deutscher Tatverdächtiger der Silvesterkrawalle von 2022/2023 herausgeben solle.

Der niedersächsische AfD-Abgeordnete Stephan Bothe ist vor Gericht mit der Forderung gescheitert, dass die Landesregierung die Vornamen deutscher Tatverdächtiger der Silvesterkrawalle von 2022/2023 herausgeben solle. Sein Antrag wurde vom niedersächsischen Staatsgerichtshof in Bückeburg am Donnerstag zurückgewiesen. Die Landesregierung verweigerte die Auskunft demnach zu Recht.

Bothe, innenpolitischer Sprecher seiner Landtagsfraktion, hatte Ende Februar 2023 eine kleine Anfrage gestellt. Er wollte die Vornamen der insgesamt 19 deutschen Tatverdächtigen erfahren, gegen die nach den Ausschreitungen zum Jahreswechsel ermittelt worden war.

Die Landesregierung erteilte die Auskunft aber nicht und verwies auf die Persönlichkeitsrechte der Tatverdächtigen und die Unschuldsvermutung. Es sei zu befürchten, dass die Betroffenen oder sogar unbeteiligte Dritte durch Nennung der Vornamen identifiziert beziehungsweise in deren Nähe gerückt werden könnten, argumentierte sie.

In der Ablehnung sah Bothe eine Verletzung seines Frage- und Informationsrechts, weswegen er ein Organstreitverfahren in Bückeburg begann. „Die Abgeordneten müssen ihre Kontrollfunktion gegenüber der Landesregierung erfüllen können“, erklärte er nach der Verhandlung Anfang März.

Der Staatsgerichtshof entschied aber nun, dass Bothes Auskunftsrecht nicht verletzt worden sei. Informationen zu den Geschehnissen in der Silvesternacht seien bereits aus unterschiedlichen Quellen in der Öffentlichkeit bekannt gewesen. Wären die Vornamen im Parlament genannt worden, hätte möglicherweise Einzelne identifiziert werden können. Das könne massive Auswirkungen für sie haben.

Ein solcher erheblicher Grundrechtseingriff sei nur unter besonderen Umständen gerechtfertigt, wenn das parlamentarische Informationsinteresse im Einzelfall besonders schwer wiege. Das sei hier aber nicht so. Das geltend gemachte abstrakte politische Ziel der Zuordnung von Verdächtigen zu einem „Milieu“ wiege nicht schwerer als die schutzwürdigen Interessen der Betroffenen. Beschuldigten gebühre mit Blick auf die Unschuldsvermutung vor Erhebung einer Anklage besonderer Schutz, teilte das Gericht mit.

Nach der Entscheidung erklärte der niedersächsische Innenstaatssekretär Stephan Manke: „Die Frage- und Informationsrechte der Mitglieder des niedersächsischen Landtags sind wichtige demokratische Instrumente, die wir keinesfalls geringschätzen.“ Die Verfassung sehe aber ausdrücklich vor, dass Informationen nicht weitergegeben dürften, wenn schutzwürdige Interessen Dritter durch die Auskunft verletzt würden.
© AFP

xity.de
Nach oben scrollen