Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat Forderungen nach einer Nullrunde bei den Renten in scharfer Form zurückweisen lassen. Einen entsprechenden Vorschlag hatte der Rentenexperte Bernd Raffelhüschen zuvor in der „Bild“-Zeitung unterbreitet. Dazu sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Mittwoch in Berlin, der Kanzler habe diesen Vorschlag „als einen Beleg dafür bewertet, wie weit die Lebenswelt eines Herrn Professors mit den Lebenswirklichkeiten von 20 Millionen Rentnerinnen und Rentnern nicht in Einklang zu bringen“ seien.
Die Idee sei „ökonomisch widersinnig, sie ist gesellschaftlich falsch und sozialpolitisch fatal“, fügte Hebestreit hinzu. „Es gibt ein Recht auf Rentenerhöhungen, ist gesetzlich festgelegt, und es wird auch in diesem Sommer kommen.“ Hebestreit verwies auf die gestiegenen Preise und die aktuell große Kaufzurückhaltung in Deutschland.
Ähnlich äußerte sich der für Renten zuständige Bundessozialminister Hubertus Heil (SPD). „Die Rentenerhöhung zum 1. Juli wird kommen, sie steht den Rentnerinnen und Rentner in Deutschland zu“, erklärte Heil. „Dass so genannte Experten chronisch die soziale Sicherheit in Frage stellen, ist kein Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt und selbstverständlich nicht handlungsleitend für die Bundesregierung“, stellte der Minister klar.
Raffelhüschen hatte in der „Bild“ gefordert, die Rentenerhöhung in diesem Jahr auszusetzen. Er begründete dies mit der angespannten Haushaltslage. Bisherige Planungen der Regierung sehen vor, dass die Bezüge der Rentnerinnen und Rentner zum 1. Juli um 3,5 Prozent steigen.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) warf dem Professor vor, das Vertrauen in den deutschen Sozialstaat zu beschädigen. „Solche Debatten loszutreten ist ein Angriff auf Demokratie und gesellschaftlichen Zusammenhalt, weil sie ohne Not Vertrauen in funktionierende Systeme zerstören“, kritisierte DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel. „Eine Nullrunde bei der Rente bedeutet, Millionen Menschen im Regen stehen zu lassen: Nämlich Rentnerinnen und Rentner, die genau wie alle anderen von den anhaltend hohen Preisen betroffen sind.“
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