Buschmann will mit Reform neuen Familienmodellen Rechnung tragen

Die rechtliche Gleichstellung lesbischer Mütter und mehr Rechtssicherheit für Samenspenden - Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) will das Familienrecht reformieren.

Die rechtliche Gleichstellung lesbischer Mütter und mehr Rechtssicherheit für Samenspenden – Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) will das Familienrecht reformieren. Damit soll neuen Beziehungsmodellen Rechnung getragen werden: „Uns geht es um eine Anpassung des Rechts an die soziale Wirklichkeit“, erklärte der FDP-Politiker am Dienstag. Anlass war die Vorstellung zweier Eckpunktepapiere zu Änderungen im Abstammungs- und Kindschaftsrecht. Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) begrüßte das Vorhaben, der Lesben- und Schwulenverband ebenfalls.

Viele Kinder wüchsen heute in Trennungs-, Patchwork- und Regenbogenfamilien oder bei nicht miteinander verheirateten Eltern auf, betonte Buschmann. Das Familienrecht hinke dieser Realität aber hinterher. „Den Preis dafür zahlen Eltern und Kinder: Vielen macht das Familienrecht das Leben unnötig schwer.“ Dies will der Justizminister mit der Reform nun ändern.

Beim Abstammungsrecht geht es um die Frage, wer die rechtlichen Eltern eines Kindes sind – dies müssen nicht die biologischen Eltern sein. Mit den hier geplanten Änderungen sollen unter anderem lesbische Mütter rechtlich gleichgestellt werden. Bekommt ein lesbisches Ehepaar gemeinsam ein Kind, musste die Frau, die das Kind nicht ausgetragen hat, dieses bislang nach der Geburt adoptieren. Künftig soll sie automatisch Mitmutter werden. Ist ein lesbisches Paar nicht verheiratet, soll die Partnerin der Geburtsmutter das Kind einfach anerkennen können.

Die zweite große Neuerung im Abstammungsrecht ist die Einführung von sogenannten Elternschaftsvereinbarungen. Insbesondere bei Samenspenden sollen die Beteiligten damit vor Zeugung des Kindes vertraglich klären können, wer neben der Geburtsmutter das zweite rechtliche Elternteil sein soll. Der bisher geltende Grundsatz, dass ein Kind nur zwei rechtliche Eltern haben kann, bleibt dabei erhalten.

Familienministerin Lisa Paus (Grüne) begrüßte die geplanten Änderungen: „Das Abstammungsrecht rührt aus einer Zeit, in der es neben dem klassischen Familienmodell Vater-Mutter-Kind kaum andere Familienformen gab“, sagte sie der Nachrichtenagentur AFP. Heute seien Patchwork- und Regenbogenfamilien Alltag vieler Menschen in Deutschland. ,“Die Gesellschaft hat sich verändert, das Recht hingegen nicht.“ Daher sei es gut, das Recht endlich den gesellschaftlichen Veränderungen anzupassen. Paus bezeichnete das vorgelegte Eckpunktepapier als „gute Grundlage, auf dem Weg zu einer dringend erforderlichen Gesetzesreform“.

Neben dem Abstammungsrecht will Buschmann auch das Kindschaftsrecht reformieren. Geplant ist unter anderem die Einführung eines „Kleinen Sorgerechts“: Die Eltern sollen künftig bis zu zwei weiteren Menschen – zum Beispiel ihren jeweils neuen Partnern – sorgerechtliche Befugnisse einräumen können. Weiter vorgesehen ist, dass Kinder ab 14 Jahren im Sorge- und Umgangsrecht künftig ausdrückliche Mitentscheidungsbefugnisse habe. Familiengerichte sollen laut Eckpunktepapier zudem künftig Anhaltspunkten für häusliche Gewalt „umfassend und systematisch“ nachgehen. Auch gesetzlich geregelt wird das sogenannte Wechselmodell –  die hälftige Betreuung der Kinder durch die beiden Elternteile.

Das Justizministerium will auf Grundlage der beiden Eckpunktepapiere nun Gesetzentwürfe erarbeiten. Diese sollen im ersten Halbjahr 2024 vorgelegt werden. Auf ein „zügiges“ Gesetzgebungsverfahren pocht dabei der Lesben- und Schwulenverband (LSVD). Die verfassungswidrige Diskriminierung von Regenbogenfamilien müsse schnellstmöglich der Vergangenheit angehören, forderte Patrick Dörr, Mitglied im LSVD-Bundesvorstand.

Mit den Reformvorschlägen „würde die gelebte Realität vieler Regenbogenfamilien endlich rechtlich abgesichert“. Kritik äußerte der LSVD-Vorstand mit Blick auf „fehlende konkrete Vorschlägen zu trans*, inter* und nichtbinärer Elternschaft“ und die fehlende Rückwirkung der Regelungen. Diese sähen nicht vor, dass Erklärungen zur Annahme eines Kindes auf den Zeitpunkt bereits gestellter Adoptions-, Feststellungsanträge oder gemeinsamer Geburtsanzeigen zurückwirkten.
© AFP

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