Köln – Zwei Drittel der Menschen in Deutschland sind um ihren Lebensstandard im Alter besorgt – 9 Prozentpunkte mehr als noch vor drei Jahren. Damit einher geht bei 58 Prozent die Angst, einmal von Altersarmut betroffen zu sein. Dies sind grundlegende Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage von Sirius Campus und Aeiforia, in deren Rahmen 1.601 Entscheider und Mitentscheider in Versicherungsangelegenheiten zwischen 18 und 60 Jahren zum Themenschwerpunkt Altersvorsorge interviewt wurden. Leicht erholt hat sich nach dem Corona-bedingten Rückgang im Schnitt die persönliche Vorsorge-Situation. 43 Prozent geben an, ausreichend für das Alter vorgesorgt zu haben.
„Besorgniserregend“ ist nach den Worten von Sirius Campus Geschäftsführer Dr. Oliver Gaedeke jedoch die große Differenz zwischen Männern und Frauen. 21 Prozent der Männer fühlen sich weder ausreichend versorgt noch informiert, im Vergleich zu 32 Prozent der Frauen. Damit habe sich die Schere insbesondere nach Corona weiter geöffnet.
Trotz der vielfältigen Krisen und der knappen Kassen ist die Bereitschaft gestiegen, in die eigene Altersvorsorge zu investieren. 38 Prozent wollen in den nächsten 12 Monaten aktiv werden, wobei im Vergleich zu den Befragungen 2017 und 2020 etwas mehr Geld zur Verfügung steht. Dieser Anstieg beruht allerdings fast durchgängig auf einigen wenigen, die besonders hohe Beträge einsetzen können. Konkret legte im letzten Jahr jede Person monatlich durchschnittlich 159 Euro zurück, wobei die Befragten angeben, dass zur Sicherung des aktuellen Lebensstandards im Alter eigentlich fast 400 Euro notwendig wären.
Großes Informationsdefizit beim Thema Altersvorsorge
Insgesamt ist das Wissen um die Altersvorsorge und die Geldanlage im Vergleich zu 2020 rückläufig. Dass die garantierte Verzinsung von Lebens- und Rentenversicherungen weiterhin auf Minimalniveau (0,25 Prozent) liegt und die Zinsen für Geldanlagen zuletzt gestiegen sind, wurde vielfach nicht registriert. Die recht deutlichen Rentenerhöhungen der letzten beiden Jahre haben ebenfalls nur 22 Prozent mitbekommen. Durchgängig bekannt ist lediglich das steigende Renteneintrittsalter.
„Nur 18 Prozent der Befragten geben an, ausreichend über die Möglichkeiten der eigenen Vorsorge fürs Alter informiert zu sein, aber noch nicht ausreichend vorgesorgt zu haben“, verweist Aeiforia Geschäftsführer Martin Gattung auf ein erhebliches Informations- und Vorsorgedefizit. Der Experte ist jedoch verhalten optimistisch: „Neue Beratungsansätze und die neue Digitale Rentenübersicht können dazu beitragen, dass sich Menschen emanzipieren und in der Lage sind, aktiv Entscheidungen für eine lebenswerte Zukunft zu treffen.“
Vorhaben der Digitalen Rentenübersicht kommt gut an
Insbesondere die Idee einer „Digitalen Rentenübersicht“ der Deutschen Rentenversicherung, die sich aktuell in der Pilotphase befindet und künftig übersichtlich über die gebündelten Ansprüche aus der gesetzlichen, betrieblichen und privaten Altersvorsorge informieren wird, scheint bei Bürgerinnen und Bürgern gut anzukommen. Die Nutzungsbereitschaft, vor allem unter den 51- bis 60-Jährigen, ist aktuell hoch. Rund zwei Drittel halten das Online-Portal für eine „gute Sache“. Rund jeder Zweite würde die Digitale Rentenübersicht im Sinne einer umfassenden Beratung auch Beratern zur Verfügung stellen – die nach wie vor gefragt sind. Personen mit konkretem Beratungsinteresse sehen im Versicherungsvertreter den ersten Ansprechpartner, während sich in dieser Gruppe nur zwei Prozent vorstellen könnten, sich von einer künstlichen Intelligenz, einem sogenannten Robo-Advisor, informieren zu lassen.
Nachhaltigkeit spielt bei Geldanlage eine untergeordnete Rolle
Welche Rolle spielt bei der Geldanlage das Thema Nachhaltigkeit? Wie schon bei der Befragung 2020 achtet nur eine Minderheit von unter 30 Prozent auf die Einhaltung ethischer, sozialer und ökologischer Standards. Die Anforderungen an Nachhaltigkeit seien in den letzten Jahren deutlich aufgeweicht worden, interpretiert Altersvorsorge-Experte Martin Gattung diese Entwicklung. Vor allem Atomkraftwerke und Waffen wurden vielfach gedanklich von der Black List gestrichen. 85 Prozent möchten jedoch, dass Bereiche mit Kinderarbeit bei der Geldanlage „in jedem Fall“ bzw. „eher“ ausgeschlossen sein sollten.
Lediglich 13 Prozent der Befürworter nachhaltiger Anlagen geben an, tatsächlich schon aus Gründen der Nachhaltigkeit eine Versicherung oder Geldanlage ausgewählt zu haben. Die wichtigsten Kriterien bei der Entscheidung für ein Altersvorsorge-Produkt bleiben Schutz vor Verlusten und Auszahlungsflexibilität; den größten Sprung nach vorn hat die Einzahlungsflexibilität gemacht.
Die Ergebnisse der Befragung 2023 zeigen nach Einschätzung von Dr. Oliver Gaedeke erneut, dass die persönliche Vorsorge für das Alter häufig mangelhaft ist. Das sieht auch Martin Gattung so, dessen Fazit lautet: „Nicht selten fehlt die gedankliche Auseinandersetzung mit dem Leben im Alter insgesamt.“