Hanau: Unterstützung und Mitgefühl statt Stigmatisierung

Bürgermeister Dr. Bieri und Priv. Doz. Dr. Schillen halten Register für psychisch Kranke für falsch.

Hanau – Die jüngsten Äußerungen des CDU-Generalsekretärs Carsten Linnemann, der sich für die Einführung eines Registers für psychisch kranke Menschen ausgesprochen hatte, stoßen auf Befremden und klare Ablehnung. Dr. Maximilian Bieri, Bürgermeister der Stadt Hanau, und Priv. Doz. Dr. Thomas Schillen, Leiter der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Klinikum Hanau, bewerten diese Forderung als gefährlichen Rückschritt im gesellschaftlichen Umgang mit psychischen Erkrankungen.

Psychische Erkrankungen sind weit verbreitet: Fast jede dritte Person in Deutschland ist laut der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie mindestens einmal im Leben betroffen. Diese Menschen benötigten Unterstützung, Mitgefühl und Zugang zu angemessener medizinischer Versorgung – nicht eine zusätzliche Stigmatisierung durch polizeiliche oder behördliche Registrierungen.

Dr. Maximilian Bieri betont: „Ein Register für psychisch erkrankte Menschen widerspricht den Prinzipien einer offenen und solidarischen Gesellschaft. Es würde ein Klima des Misstrauens schaffen und erinnert in fataler Weise an Zeiten, in denen Menschen nach gesundheitlichen und sozialen Merkmalen ausgegrenzt wurden. Eine solche Entwicklung darf in einer demokratischen Gesellschaft nicht zugelassen werden.“

Darüber hinaus führt Dr. Bieri aus: „Politische Lösungen müssen auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren, nicht auf populistischen Vorschlägen, die auf Kosten vulnerabler Gruppen gehen. In Hanau werden Inklusion, präventive Angebote und eine enge Zusammenarbeit zwischen medizinischen und sozialen Einrichtungen als Schlüssel für die Unterstützung von Menschen in schwierigen Lebenslagen betrachtet.“

Die Verbindung von psychischen Erkrankungen mit einer generellen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit ist sachlich falsch und ethisch inakzeptabel. Die ganz überwiegende Mehrheit der Menschen mit psychischen Erkrankungen stellt keine Gefahr für andere dar. Die Gleichsetzung von medizinischen Diagnosen mit potenzieller Gewaltbereitschaft führt dazu, dass Betroffene aus Angst vor Diskriminierung seltener Hilfe in Anspruch nehmen.

Dr. Thomas Schillen erklärt: „Die Forderung nach einem Register für psychisch Kranke ist medizinisch unbegründet und gefährlich. Wir arbeiten seit Jahren an einer Entstigmatisierung psychisch kranker Menschen, damit die Betroffenen niederschwellig Hilfe und Behandlung in Anspruch nehmen. Niemand wird mehr Hilfe in Anspruch nehmen, wenn er dabei registriert wird. Und ohne Behandlungskontakte ist das Risiko einer unerkannten Eskalation sicher höher.“

Zusätzlich hebt Dr. Schillen hervor: „Menschen, die sich in psychiatrischer Behandlung befinden, sind in den meisten Fällen friedliebend und benötigen Verständnis und professionelle Unterstützung, nicht Misstrauen und Überwachung. Angesichts wachsender psychischer Belastungen in der Gesellschaft sollten Maßnahmen auf Aufklärung und den Ausbau von Hilfsangeboten abzielen, statt Angst zu schüren.“

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