Das Kabinett beschloss dafür am Mittwoch die neue Nationale Sicherheits- und Verteidigungsindustriestrategie. Diese ersetzt ein Strategiepapier aus dem Jahr 2020 und berücksichtigt auch die Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine. Sie soll als Leitbild der Bundesregierung in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik dienen.
Der neuen Strategie zufolge muss Deutschland „schnellstmöglich wehrhaft“ werden. Das Wort „kriegstüchtig“, wie es Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) zuletzt mehrfach verwendete, findet sich in dem Papier nicht. Die Ziele der Strategie stehen unter Finanzierungsvorbehalt: Sie solle „im Rahmen der Haushalts- und Finanzplanung der Bundesregierung“ umgesetzt werden.
Eine zentrale Rolle soll dabei den in Deutschland ansässigen Unternehmen zukommen, die „einen wesentlichen Teil ihres Umsatzes in der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie erwirtschaften“, heißt es in dem Papier. Als sogenannte Schlüsselfelder werden unter anderem IT- und Kommunikationstechnologie, Künstliche Intelligenz (KI), Munition, Marineschiffbau, Panzer und Flugsysteme genannt.
Deutschland soll der Strategie zufolge mehr in Cybersicherheit und andere sicherheits- und verteidigungsrelevante Technologien investieren. Außerdem sollen mehr Fachkräfte für die sicherheitspolitischen Schlüsseltechnologien gewonnen werden. Die Bundesregierung soll zudem „mehr gemeinsame europäische Rüstungs- und Beschaffungsvorhaben“ anstreben.
„Für die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands ist entscheidend, dass wir innovative und leistungsfähige Rüstungsunternehmen im Land haben“, erklärte Verteidigungsminister Pistorius. „Die aktuelle Bedrohungslage erfordert, dass wir Schlüsseltechnologien in Deutschland fördern.“
Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) unterstrich die Bedeutung der Industrie. „Oberste Aufgabe deutscher Sicherheitspolitik ist es sicherzustellen, dass wir in unserem Land auch künftig in Frieden, Freiheit und Sicherheit leben können.“ Deutschland könne sich „nicht mehr nur auf andere stützen, wenn wir Frieden und Sicherheit in Europa bewahren wollen“.
Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums betonte, dass derzeitige „Fähigkeitslücken“ geschlossen werden müssten. Dafür sei „nötig, dass es mehr Kooperationen geben wird mit Partnern in Europa, aber auch darüber hinaus“. So sollen Systeme entwickelt werden, die es im Moment noch nicht gebe, „auch innerhalb der Nato nicht“. Das betreffe etwa Abstandswaffen – hierfür müssten auch Lieferketten gesichert werden.
Laut Wirtschaftsministerium geht es darum, die neuen Umstände, in denen Deutschland sicherheitspolitisch agiert, „zur Kenntnis“ zu nehmen. Die Industrie müsse „hier in die Lage versetzt werden, auch besser auf die Herausforderungen der Gegenwart und der Zukunft zu reagieren und sich dort besser aufzustellen“, sagte eine Sprecherin.
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