Nach den jüngsten Enthüllungen interner Dokumente rund um das Ampel-Aus will die FDP-Spitze die Sache noch einmal beleuchten. „Wir werden die Prozess- und Kommunikationsfehler nach dem Scheitern der ‚Ampel‘ aufarbeiten“, sagte Lindner am Montag nach Gremiensitzungen seiner Partei in Berlin. Er trat mit dem neuen Generalsekretär Marco Buschmann vor die Presse, der ebenfalls Aufarbeitung versprach. Beide Männer kritisierten zugleich SPD und Grüne.
Das Bekanntwerden eines mehrseitigen Papiers aus der FDP-Zentrale mit genauen Planungen für einen Ausstieg aus der Ampel-Koalition, versehen mit militärischen Begriffen wie „D-Day“ und „offene Feldschlacht“, hatte vergangene Woche zum Rücktritt von Bundesgeschäftsführer Carsten Reymann und Generalsekretär Bijan Djir-Sarai geführt. Der frühere Bundesjustizminister Buschmann übernahm den Posten als Generalsekretär kommissarisch; er muss noch von einem Parteitag bestätigt werden.
Lindner sprach davon, dass „schmerzhafte personelle Konsequenzen“ gezogen worden seien. Dass die Fehler passiert seien, „bedauern wir sehr, weil dadurch die Lauterkeit unserer Motive von unseren politischen Gegnern in Frage gestellt werden konnten“.
Buschmann versprach ebenfalls: „Wir werden das aufarbeiten.“ Zugleich stellte er die rhetorische Frage, in welcher anderen Partei die Vorgänge „so schnell so klar zu so einschneidenden persönlichen Konsequenzen“ geführt hätte. Die FDP habe hier gezeigt, dass „Integrität und Verantwortung in der Kultur unserer Partei fest verankert“ seien, urteilte Buschmann.
Lindner betonte erneut, dass sich in der Ampel-Koalition angesichts der Lage alle Beteiligten auf ein Scheitern des Bündnisses vorbereitet hätten. „Die Bürgerinnen und Bürger können sich nicht durch mich oder uns getäuscht fühlen“, befand er – schließlich habe die FDP in der Koalitionskrise niemals „eine Art Ampel-Garantie abgegeben“.
Auf die Frage eines Journalisten, ob die FDP auch eine Fortsetzung der Koalition vorbereitet und entsprechende Papiere verfasst habe, sagte Lindner, es seien „alle Szenarien“ durchdacht haben. „Aber wir werden erst ein nächstes Papier Ihnen zur Verfügung stellen, wenn SPD und Grüne mal anfangen, ihre Schubladen aufzumachen.“
Der FDP-Chef warf SPD und Grünen vor, sie wollten die FDP „zerstören“. Es gehe der politischen Konkurrenz bei der „Machtauseinandersetzung“ um die Deutung des Ampel-Endes darum, „die Machtoptionen von SPD und Grünen zu verbessern“.
Lindner betonte, Deutschland brauche „einen Richtungswechsel“. Möglich sei dieser nur, „wenn die FDP stark im Deutschen Bundestag vertreten ist“, sagte er. Ansonsten gäbe es „geradezu eine Regierungsgarantie“ für SPD oder Grüne. „Deshalb sehen wir es als ein Stück auch unserer Verantwortung für das Land, die FDP erfolgreich zu machen.“ Bei einer Regierung mit SPD oder Grünen würden hingegen die Probleme des Landes „nur verwaltet“.
Buschmann sagte, er sei zu Zeiten der Koalition häufig angesprochen worden, warum die FDP in der „Ampel“ nicht mehr Projekte durchsetze. Nun habe die Partei im Wahlkampf die Chancen, noch einmal klarzumachen, wofür sie stehe. Er sei optimistisch, dass die Bürgerinnen und Bürger diese Positionen gerne „stärken“ würden.
Dem Parteivorsitzenden Lindner gegenüber zeigte sich Buschmann loyal: „Aus tiefster und fester Überzeugung glaube ich: Wir haben den besten Spitzenkandidaten, den wir haben können.“ Lindner seinerseits sagte, Buschmann sei „der beste Wahlkampforganisator und Programmatiker“ – und fügte hinzu: „Ich weiß nicht, ob ich die Kraft gehabt hätte, ohne Marco Buschmann ein Comeback der FDP am 23. Februar zu erreichen.“
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