Parteichef Lars Klingbeil sowie die Ministerpräsidenten aus Niedersachsen und dem Saarland stärkten Scholz am Freitag den Rücken. Eine neue Umfrage hingegen bescheinigte dem Kanzler erneut deutlich niedrigere Beliebtheitswerte als Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD). Dieser wies eigene Ambitionen auf das Kanzleramt aber zurück.
Die SPD werde unter Scholz‘ Führung auf die Themen Familie, Rente und Löhne setzen – und sich damit wieder „nach vorne arbeiten“, sagte Parteichef Klingbeil der „Bild“. Die SPD werde im anstehenden Bundestagswahlkampf insbesondere „deutlich machen, wo die Unterschiede zu Friedrich Merz liegen“, sagte der SPD-Chef mit Blick auf den Unions-Kanzlerkandidaten von der CDU.
Die Botschaft der SPD werde lauten: „Merz’ Agenda für Besserverdiener hat für die breite Mehrheit in diesem Land nichts zu bieten“, sagte Klingbeil. Die SPD kämpfe bei der Wahl für „Familien, für Rentnerinnen und Rentner, für alle, die auf vernünftige Löhne angewiesen sind“.
Der Verteidigungsminister bekräftigte am Freitag seine Unterstützung für Scholz. „Wir haben einen hervorragenden Bundeskanzler, der entschieden hat, weitermachen zu wollen“, sagte Pistorius. Scholz werde im Januar als Kanzlerkandidat nominiert – „davon gehe ich fest aus“. Dass über Personalien diskutiert werde, sei aber „völlig normal“. Pistorius fügte hinzu: „Ich habe wirklich einen Haufen Arbeit in meinem Ressort. Die möchte ich gerne weitermachen, denn sie ist noch nicht abgeschlossen.“
Auch der SPD-Arbeitsminister Hubertus Heil hält Scholz für den richtigen Kandidaten. „Er hat die Erfahrung und auch die Kompetenz, die dieses Land braucht“, sagte Heil der ARD. „Deshalb bin ich im Team Scholz.“
Die offizielle Nominierung des SPD-Kanzlerkandidaten erfolgt beim Parteitag am 11. Januar. Bereits bei der „Wahlsieg-Konferenz“ der SPD am 30. November soll Scholz die zentrale Rede halten.
Unterstützung bekam Scholz von SPD-Ministerpräsidenten. „Ich bin persönlich sehr überzeugt davon, dass Olaf Scholz der richtige Mann ist, um Deutschland in dieser schwierigen Zeit auch zu führen“, sagte der niedersächsische Regierungschef Stephan Weil im ZDF. Scholz sei ein Kandidat „mit sehr viel Erfahrung, sehr viel Übersicht und auch hoher internationaler Anerkennung“.
Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Anke Rehlinger (SPD) warnte ihre Partei vor einer Debatte über die Kanzlerkandidatur von Scholz. Die saarländische Ministerpräsidentin sagte der „Rheinischen Post“: „Ich halte in der aktuellen Lage nichts von Kandidatendebatten.“
Angesichts der niedrigen Zustimmungswerte des Kanzlers gab es zuletzt aus der SPD vereinzelt Stimmen, die sich statt Scholz für Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius als Kanzlerkandidaten aussprachen. In einer am Freitag veröffentlichten Forsa-Umfrage für RTL und ntv waren nur 18 Prozent der Befragten der Auffassung, dass Scholz der richtige Kandidat ist. Fast zwei Drittel (66 Prozent) raten der SPD, mit Pistorius anzutreten.
Unter den SPD-Anhängern sprachen sich 27 Prozent für Scholz, aber 67 Prozent für Pistorius aus. Der Verteidigungsminister erhält in fast allen abgefragten Eigenschaften bessere Bewertungen als Scholz. 65 Prozent halten ihn für vertrauenswürdig (Scholz 35 Prozent), 64 Prozent für führungsstark (Scholz 14 Prozent) und 63 Prozent für sympathisch (Scholz 38 Prozent). Nur bei der Wirtschaftskompetenz schneidet Scholz mit 39 Prozent besser ab als Pistorius (28 Prozent).
Am Freitag warnte der sozialdemokratische Oberbürgermeister von Gotha seine Partei vor einer erneuten Kanzlerkandidatur von Scholz. In der SPD werde „sich bald die Einsicht durchsetzen, dass es für einen Erfolg einen Wandel braucht“, sagte Knut Kreuch dem „Spiegel“. Der SPD sei nicht geholfen, wenn sie im nächsten Bundestag nur noch 100 Abgeordnete habe statt wie derzeit 207. „Deshalb sollte sie nicht mit Olaf Scholz antreten.“
Pistorius dagegen komme „von unten“, sagte Kreuch, „der hat die Leute schon als Oberbürgermeister erreicht. So einen brauchen wir jetzt.“ Kreuch ist seit 2006 Rathauschef von Gotha.
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