In Sachsen und Polen sind am Dienstag acht mutmaßliche Mitglieder einer rechtsextremistischen Gruppierung festgenommen worden. Sie nennen sich Sächsische Separatisten, wie die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe mitteilte. Unter den Festgenommenen befindet sich nach AFP-Informationen auch ein AfD-Lokalpolitiker.
In den eroberten Gebieten wollten sie laut Bundesanwaltschaft ein Staatswesen errichten, dass sich am Nationalsozialismus ausrichten sollte. Insgesamt sollen der militanten Gruppe 15 bis 20 Menschen angehören. Neben den acht festgenommenen deutschen Männern gibt es den Angaben zufolge noch sieben weitere Beschuldigte, die auf freiem Fuß sind. 20 Objekte in Leipzig und Umgebung, in Dresden, im Landkreis Meißen und im polnischen Zgorzelec wurden durchsucht.
Zgorzelec ist die Schwesterstadt von Görlitz in Sachsen und liegt gegenüber am anderen Ufer der Neiße. Dort wurde der mutmaßliche Rädelsführer Jörg S. festgenommen. Außerdem wurden Räumlichkeiten von nicht tatverdächtigen Menschen in Österreich durchsucht.
Die Namen der Festgenommenen gab die Bundesanwaltschaft mit Kurt H., Karl K., Kevin M., Hans-Georg P., Kevin R., Jörg S., Jörn S., und Norman T. an. Einer von ihnen, H., sitzt nach Informationen der Nachrichtenagentur AFP im Kreisvorstand der AfD im Landkreis Leipzig und hat einen Sitz im Stadtrat von Grimma.
Medienberichten zufolge fielen bei seiner Festnahme Schüsse. Er sei am Kiefer verletzt worden und habe in einer Klinik behandelt werden müssen, schrieben „Bild“, „Spiegel“ und „taz“. Unklar sei aber noch, wie es zu der Verletzung gekommen sei. H. habe vor seiner Festnahme selbst zu einer Schusswaffe gegriffen. Die Bundesanwaltschaft bestätigte am Dienstag lediglich, dass es bei einer Festnahme eine Verletzung gegeben habe, deren Umstände noch aufgeklärt würden.
Laut „Spiegel“ und „taz“ haben zwei weitere Beschuldigte ebenfalls Verbindungen zur AfD. R. sitzt demnach für die Partei in Grimma als Stellvertreter im Sozialausschuss sowie im Beirat für Kultur, Jugend und Sport. P. habe für die Leipziger AfD im Stadtbezirksbeirat Ost gesessen.
Die Vereinigung soll spätestens im November 2020 gegründet worden sein. Ihre Ideologie sei von „rassistischen, antisemitischen und in Teilen apokalyptischen Vorstellungen geprägt“, erklärte die Behörde. Die Mitglieder lehnten die freiheitlich-demokratische Grundordnung ab und gingen vom unausweichlichen „Kollaps“ staatlicher und gesellschaftlicher Strukturen in Deutschland an einem „Tag X“ aus. Dies wollten sie zur Errichtung eines am Nationalsozialismus orientierten Gemeinwesens nutzen.
Die Gruppe habe vorgehabt, mit Waffengewalt Gebiete in Sachsen und womöglich auch in anderen ostdeutschen Ländern zu erobern. Von ihnen unerwünschte Menschen hätten von dort „entfernt“ werden sollen, notfalls durch ethnische Säuberungen.
Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang erklärte, dass es sich bei zentralen Protagonisten dieser Gruppe um teils sehr junge Rechtsextremisten mit Bezug zu einer Szene handle, die vor allem im virtuellen Raum aktiv sei. Die Anhänger dieser sogenannten Siegeszene glorifizierten Taten bekannter Rechtsextremisten und hätten das Ziel, an einem erwarteten gewaltsamen Umsturz mitzuwirken. Mehrere Akteure seien dem Verfassungsschutz aus anderen Zusammenhängen wie dem Spektrum der Neuen Rechten, rechtsextremistischen Parteien oder der Neonaziszene bekannt.
Laut Bundesanwaltschaft bereiteten sich die Mitglieder der Gruppierung unter anderem mit paramilitärischem Training in Kampfausrüstung darauf vor. Demnach übten sie den Hauskampf und den Umgang mit Schusswaffen. Zudem beschafften sie sich militärische Ausrüstung wie Tarnanzüge, Schutzwesten und Gefechtshelme.
Mehr als 450 Einsatzkräfte von Bundeskriminalamt (BKA), Bundespolizei und sächsischem Landeskriminalamt (LKA) waren am Zugriff beteiligt. Gegen zwei der Festgenommenen wurde am Dienstag der Vollzug der Untersuchungshaft angeordnet, auch die übrigen sollten noch dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs vorgeführt werden.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) erklärte nach den Festnahmen: „Unsere Sicherheitsbehörden haben damit frühzeitig militante Umsturzpläne von Rechtsterroristen vereitelt, die einen Tag X herbeisehnten, um mit Waffengewalt Menschen und unseren Staat anzugreifen.“
Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) sprach von einem „harten Schlag gegen militante Rechtsextremisten“. Er zeige „mehr als deutlich, wie wichtig starke Nachrichtendienste angesichts der aktuellen Bedrohungslage sind“.
Der stellvertretende Fraktionschef der Grünen im Bundestag, Konstantin von Notz, forderte gegenüber dem Redaktiosnnetzwerk Deutschland, dass Verbindungen der Gruppe in andere Länder, „aber auch und vor allem in die AfD“ konsequent aufgeklärt werden müssten.
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