Das gab der 58-Jährige am Freitag in sozialen Netzwerken bekannt. „Ich mach’s“, schrieb der innerparteilich schon länger als potenzieller Nachfolgekandidat für den nicht erneut antretenden Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) gehandelte Özdemir dort.
„Wenn wir uns treu bleiben und zugleich nach neuen Wegen suchen, auf unsere Schaffigkeit vertrauen und mutig vorangehen, dann liegt das Beste noch vor uns“, ergänzte Özdemir. Er wolle „Ministerpräsident meiner wunderbaren Heimat“ werden. Özdemir ist in Bad Urach in Baden-Württemberg geboren, bei der vergangenen Bundestagswahl 2021 gewann er in Stuttgart ein Direktmandat.
Führende Vertreter der Grünen begrüßten seine Entscheidung. „Ich glaube, er bringt alles mit, was man braucht, um Ministerpräsident in Baden-Württemberg zu werden“, sagte Kretschmann in Leipzig vor Journalisten mit Blick auf seinen Nachfolgekandidaten. CDU, SPD und AfD kritisierten Özdemir dagegen.
Kretschmann ergänzte, Özdemir sei aus seiner Sicht regierungserfahren und „anerkannt über Parteigrenzen hinweg“. Die Landesvorsitzenden der Grünen in Baden-Württemberg, Lena Schwelling und Pascal Haggenmüller, bezeichneten die Ankündigung des 58-jährigen Bundesministers als „großartige Nachricht“. Ihnen zufolge informierte Özdemir den Landesvorstand am Freitag offiziell über seine Bereitschaft, als Spitzenkandidat für die Grünen anzutreten. Innerhalb der Partei stoße das auf „große Geschlossenheit“, erklärten die Vorsitzenden.
Kretschmann ist erster und bisher einziger Ministerpräsident der Grünen. Der 76-Jährige regiert seit 2011 in seiner inzwischen dritten Amtszeit. Er gab frühzeitig bekannt, bei der nächsten Landtagswahl nicht erneut anzutreten.
Die Grünen regieren in Baden-Württemberg derzeit unter Kretschmanns Führung in einer Koalition mit der CDU. Wie im Bund hat die Partei in jüngster Zeit aber auch in dem südwestdeutschen Bundesland mit sinkenden Zustimmungswerten zu kämpfen. In einer Umfrage vor zwei Wochen erreichten die Grünen 18 Prozent, was dem schlechtesten Wert seit Beginn ihrer Regierungszeit entspricht. Die CDU kam auf 34 Prozent, die AfD lag bei 16 Prozent, und die SPD erreichte 13 Prozent.
Die baden-württembergische CDU warf Özdemir vor, mit seiner Kandidatur für den Fall eines Scheiterns der Ampelkoalition im Bund vorsorgen zu wollen. Er stecke in Berlin in einer „persönlichen Karrieresackgasse“, erklärte Landesgeschäftsführer Tobias Vogt. Generalsekretärin Nina Warken teilte mit, Özdemir habe mit seiner Ankündigung nur „das Offensichtliche ausgesprochen“ und löse so zugleich einen „sehr frühen Start des Landtagswahlkampfs aus“.
Die baden-württembergische SPD wertete die Ankündigung von Özdemir am Freitag als Zeichen des politischen Stillstands der grün-schwarzen Koalition und forderte „direkt Neuwahlen“. Mit der Ankündigung Özdemirs befinde sich die Regierung Kretschmann „ab sofort praktisch im Ruhestand“, erklärte Generalsekretär Sascha Binder in Stuttgart. Bis zur Wahl in rund eineinhalb Jahren drohten nun ein „Jahrmarkt der Eitelkeiten“ zwischen den in Umfragen führenden Kräften CDU und Grüne sowie ein fortdauernder Landtagswahlkampf.
Die CDU wiederum erteilte Überlegungen nach einer vorzeitigen Auflösung der Regierungskoalition und vorgezogenen Neuwahlen, über die angesichts der Umfragen immer wieder spekuliert wurde, eine eindeutige Absage. „Für uns Christdemokraten ist klar, dass wir fest vorhaben, verlässlich und stabil mit Winfried Kretschmann bis zum Ende der Legislatur zu regieren“, erklärte Generalsekretärin Warken. „Herr Özdemir wird daran nichts ändern“.
Aus der Union im Bund wurden außerdem Forderungen nach einem Rücktritt von Özdemir als Bundeslandwirtschaftsminister laut. Eine Doppelbelastung als Ressortchef in Berlin und Landtagswahlkämpfer sei „ein Problem“, sagte Bundestagsfraktionsvizechef Steffen Bilger (CDU) der „Rheinischen Post“.
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