Die Arbeitgeberseite setze weiter „auf Kahlschlag und Sparhammer“, erklärte die IG Metall am Mittwoch nach dreistündigen Gesprächen. Warnstreiks seien nach Ende der Friedenspflicht ab dem 1. Dezember möglich. Einen Termin für die Fortsetzung der Gespräche gibt es vorerst nicht.
„Der Verhandlungsauftakt war eine einzige Enttäuschung“, erklärte die Gesamtbetriebsratsvorsitzende der Volkswagen AG, Daniela Cavallo. „Denn vom Unternehmen kam nichts außer ein stundenlanges Klagelied über die harte Wettbewerbssituation.“
Mehr als 3000 Beschäftigte nahmen nach Gewerkschaftsangaben am Mittwoch an einer Protestkundgebung in Hannover teil. IG-Metall-Verhandlungsführer Thorsten Gröger warf der Geschäftsführung dabei vor, für die Krise bei VW verantwortlich zu sein. „Dieselskandal, Fehleinschätzungen, Fehlentscheidungen sind nicht das Verschulden der Beschäftigten“, sagte er.
Nach den Gesprächen mit der Firmenleitung zog Gröger eine enttäuschte Bilanz: „Das Management scheut keine Tabus mehr“, erklärte er. Die Beschäftigten stünden „aus Sicht von Volkswagen den Rendite-Zielen des Vorstandes und den Gewinnerwartungen der Aktionäre im Weg“. Die IG Metall werde aber „kein Werk verloren geben“. Alle Standorte müssten bleiben.
Ein IG-Metall-Sprecher sagte, es gebe derzeit keinen Termin für die Fortsetzung der Gespräche. Für die Gewerkschaft sei das Management am Zug und müsse ein „Zukunftskonzept erarbeiten“. Ziel müsse es sein, „eine gute Lösung für die Beschäftigten zu finden“.
Die deutsche Autoindustrie und VW in vorderster Reihe stecken in der Krise. Sinkende Absätze besonders bei E-Autos und zugleich hohe Investitionskosten für die E-Auto-Entwicklung belasten die Branche. Bei VW stehen deshalb ein Job-Abbau und sogar Werksschließungen zur Debatte.
„Die Situation ist ernst“, sagte VW-Verhandlungsführer Arne Meiswinkel. Das wirtschaftliche Umfeld habe sich zuletzt „deutlich verschärft“ und der Standort Deutschland falle bei der Wettbewerbsfähigkeit weiter zurück. „Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen wir die Volkswagen AG jetzt gemeinsam umfassend restrukturieren.“ Das Unternehmen müsse seine Effizienz steigern und zugleich seine Kosten senken.
Die Konzernführung hatte unter Verweis auf die Probleme eine Reihe von Tarifverträgen gekündigt, darunter Regelungen zur Beschäftigungssicherung, zur Übernahmegarantie für Auszubildende und den Arbeitsbedingungen für Zeitarbeiter. Betriebsratschefin Cavallo nannte dies einen „Angriff auf unsere Wurzeln“. Bei VW sei es neben der Wirtschaftlichkeit schon immer auch um die Beschäftigungssicherung gegangen. Das gehöre zur DNA von Volkswagen.
Die Tarifverhandlungen waren eigentlich erst für Ende Oktober angesetzt, wurden angesichts der Krise aber vorgezogen. Neben der Entgelterhöhung geht es nun auch um die Themen Beschäftigungssicherung, Auszubildende und Leiharbeiter. Beim Entgelt bleibt die IG Metall bei ihrer Branchenforderung von sieben Prozent mehr Lohn sowie 170 Euro mehr für Auszubildende.
„Volkswagen braucht Gespräche, Volkswagen braucht kluge Konzepte, aber Volkswagen braucht keinen weiteren öffentlichen Schlagabtausch“, warnte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). Er sitzt für Niedersachsen im Aufsichtsrat von VW, das Land hält gut 20 Prozent der Anteile und hat bei wichtigen Entscheidungen ein Vetorecht. Weil erinnerte daran, dass die Automobilindustrie die wichtigste Branche in Niedersachsen sei und dort insgesamt für rund 4,5 Prozent aller Arbeitsplätze stehe.
Der CDU-Fraktionsvorsitzende im Landtag von Niedersachsen, Sebastian Lechner, warf Weil eine Mitschuld an der Krise bei VW vor. Er habe die „sehr einseitige E-Mobilitätsstrategie des Unternehmens, die im Vergleich zu vielen anderen Autobauern auffällig ist“, mitzuverantworten. IG-Metall-Verhandlungsführer Gröger warnte hingegen vor einem „Schlingerkurs“ beim E-Auto. Nötig sei ein „gemeinsamer, nationaler Kraftakt – ein Konjunkturprogramm Elektromobilität“.
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