RehaCare zeigt KI-Anwendungen für mehr Freiheit

Technik mit Gedanken steuern - für Menschen mit Behinderung vielleicht so etwas wie der letzte Schlüssel zu guter Teilhabe und barrierefreier Inklusion. Hirn-Computer-Interfaces - schon heute auf der Messe RehaCare erlebbar.

Düsseldorf – Texte vorlesen, sprachgesteuerte Haustechnik, motorisierte Fortbewegung – all das können digitalisierte Hilfsmittel bereits und erweitern so den Freiheitsgrad vieler Menschen. Oft besonders stark bei Menschen mit Behinderung, hier können viele Betroffene den Fortschritt kaum erwarten. Auf der Branchenmesse RehaCare stehen darum Digitalisierung und das oft nur durch Hilfe und Hilfsmittel erreichte inklusive Leben im Mittelpunkt. In Zukunft soll Technik per Gedanken zu steuern sein – auf der Messe bereits heute erlebbar.

Wenn das Gehirn arbeitet und z. B. Rechenaufgaben löst, fährt das Computerspiel-Auto schnell um die Kurve – wenn das Gehirn entspannt, fährt das Auto schnell geradeaus. perfektes Beispiel für Digitalisierung, 1 oder 0, ja oder nein – mehr Entscheidungen gibt es erstmal nicht. In Zukunft aber sollen abgeleitete Hirnwellen komplexe Bewegungsabläufe steuern – zum Beispiel eigentlich gelähmte Gliedmaßen oder Prothesen. Stefan Palkowski, deutscher Meister im Amputiertenfußball, glaubt nach erstem Testen, dass das klappen kann: „Wenn ich das jetzt so gesehen hab, was da möglich war in dieser kurzen Zeit von zwei Minuten, Beschleunigen, Entschleunigen – ja, ich glaube doch!“

Saskia Melches zeigt, wie weit Technologie heute schon sein kann. Sie steuert alle Funktionen ihres Rollstuhls über die Sensorik in der Brille – das Funktionen-Menü kann im Minidisplay ebenfalls über Kopfbewegungen gesteuert werden. Für Saskia Melches ist das auch gute Perspektive, denn ihre Nervenerkrankung ist fortschreitend – und das System erweiterbar.

„Also für mich bedeutet diese Brille absolute Freiheit, weil ich könnte im Winter nicht mehr vor die Tür und mein Rollstuhl sicher steuern. Ich habe eine Lösung für die Zukunft aufgrund dessen, dass ich eine fortschreitende Erkrankung habe.“
Der Aktivist und Buchautor Raúl Krauthausen ist die vielleicht lauteste Stimme in Deutschland, wenn es um die Durchsetzung der Rechte von Menschen mit Behinderung geht. Er macht darauf aufmerksam, dass Digitalisierung häufig schlecht umgesetzt wird: „Ich war vor ein paar Jahren in einem sogenannten Musterhaus für barrierefreies Wohnen. Da gab es alles Mögliche, vollautomatisch, aber alles von anderen Herstellern. Das heißt, ich brauchte am Ende in dieser Wohnung 30 Fernbedienungen, um die ganzen Dinge in der Wohnung benutzen zu können. Und wenn ich mir das vorstelle: Die Zielgruppe sind ältere Menschen oder Menschen, die an Demenz erkrankt sind. Mit 30 Fernbedienungen klarkommen. Also es wird oft nicht weiter gedacht als von der Wand bis zur Tapete.“

Für die Hilfsmittel-Branche ist das wohl das herausforderndste Dilemma: So individuell die Menschen sind, so individuell müssten die Hilfsmittel sein, um wirklich Teilhabe zu ermöglichen. In Zukunft, das wird auf der Messe RehaCare sichtbar, wird dank Forschung und Entwicklung noch viel mehr möglich sein. Der Bedarf besteht aber schon heute.

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