Nach dem Angriff auf einen jüdischen Studenten in Berlin hat Zentralratspräsident Josef Schuster die Exmatrikulation des mutmaßlich antisemitischen Angreifers gefordert. „Wenn der Kampf gegen Antisemitismus ernst genommen wird, müssen antisemitische Straftaten zur Exmatrikulation führen“, erklärte Schuster am Dienstag in Berlin. Zu dem konkreten Fall in Berlin erklärte er: „Wer einen jüdischen Kommilitonen krankenhausreif schlägt, weil er Jude ist, der hat an einer deutschen Universität nichts zu suchen.“
„Eine Exmatrikulation des betreffenden Studenten ist alternativlos“, erklärte Schuster. Die Freie Universität (FU) Berlin, an welcher der Täter immatrikuliert sein soll, verwies allerdings gegenüber AFP auf rechtliche Hürden. Eine Exmatrikulation von Studierenden aus Ordnungsgründen sei seit der Änderung des Berliner Hochschulgesetzes 2021 nicht möglich, erklärte ein Sprecher. Die Universität könne aber andere Maßnahmen gegen Störungen mit einer Dauer von höchstens drei Monaten treffen, etwa ein Hausverbot. Die FU habe die Polizei um Informationen zum Ermittlungsstand gebeten.
Ein 30-jähriger jüdischer Student der Freien Universität Berlin war in der Nacht zum Samstag im Bezirk Mitte von einem 23-jährigen Mitstudenten krankenhausreif geschlagen worden. Vorausgegangen war laut Polizei ein Streit zwischen den beiden Studenten. Der 30-Jährige soll in sozialen Netzwerken eine pro-israelische Haltung vertreten haben, der 23-Jährige soll eine pro-palästinensische Einstellung haben.
Zentralratspräsident Schuster formulierte konkrete Erwartungen an die Hochschule. „Die FU Berlin hat die Verantwortung dafür, dass es in ihren Reihen keinen Platz für Extremismus und Antisemitismus gibt“, erklärte er. „Die Beschwichtigungstaktik und die Ausflüchte der Hochschulleitung müssen endlich ein Ende haben.“
Gegenüber der „Bild“-Zeitung warnte Schuster davor, dass Universitäten in Deutschland unsichere Orte für jüdische Studierende werden. Angesichts der generellen Bedrohungslage für Jüdinnen und Juden sei es „umso wichtiger, dass die Universitäten keine No-Go-Areas für Juden werden“, sagte der Zentralratspräsident. Hochschulen müssten vielmehr „ein sicheres Umfeld für jüdische Studierende schaffen und Extremisten keinen Raum geben“.
Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, attestierte der Freien Universität Berlin Versäumnisse im Umgang mit Antisemitismus. „Wir hören immer wieder von nicht hinnehmbaren antisemitischen Vorfällen, gerade im Umfeld der Freien Universität“, sagte Klein dem „Tagesspiegel“ vom Dienstag. Er wolle der Hochschul-Leitung zwar nicht vorwerfen, dass sie Antisemitismus begünstige. „Aber sie sind viel zu tolerant“, kritisierte Klein. „Sie lassen zu viel unkommentiert.“
Die Präsidentin der Jüdischen Studierendenunion (JSUD), Hanna Veiler, forderte nach dem Angriff Konsequenzen. „Dass jüdische Studierende auf deutschen Straßen nicht mehr sicher sind, muss niemanden mehr wundern“, sagte Veiler dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Seit Jahren herrscht an Universitäten wie der Freien Uni in Berlin, aber auch zahlreichen anderen, ein anti-israelisches Klima, das offenen Antisemitismus befeuert“, kritisierte sie. Jüdische Studierende erwarteten „endlich klare Konsequenzen für Antisemiten am Campus“.
Der Bruder des Opfers, der in Berlin lebende israelische Comedian Shahak Shapira, warf der FU Berlin in einer Botschaft auf X (vormals Twitter) vor, ein „unsicheres Umfeld“ für jüdische Studierende „geschaffen“ zu haben. Der Überfall auf seinen Bruder habe dazu geführt, dass dessen „halbes Gesicht gebrochen“ sei.
In einer weiteren Botschaft auf X widersprach Shapira den Angaben der Polizei, wonach dem Übergriff ein Streit vorausgegangen sei. „Es gab keinerlei politische Debatte“, schrieb Shapira. Sein Bruder „wurde vom Angreifer in der Bar erkannt, dieser ist ihm und seiner Begleitung gefolgt, hat sie aggressiv angesprochen und ihm dann unangekündigt ins Gesicht geschlagen“.
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