Bei der Übertragung einer Gerichtsverhandlung per Video wird das Grundrecht auf den gesetzlichen Richter nicht verletzt, wenn nur eine einzige Kamera ohne Zoomfunktion zum Einsatz kommt. Eine solche Verletzung erscheine nicht möglich, nur weil die Gesichter der Richter nicht aus der Nähe zu sehen seien, erklärte das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe am Freitag. Es nahm die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an. (Az. 1 BvR 1615/23)
Es ging um eine Videoverhandlung vor einem Finanzgericht, die von den Beschwerdeführenden selbst beantragt worden war. Es ist möglich, dass Beteiligte, ihre Bevollmächtigten oder Rechtsbeistände sowie Zeugen per Videokonferenz an einer mündlichen Verhandlung teilnehmen.
Die beiden Beschwerdeführenden, eine Frau und ein Mann, waren im konkreten Fall mit der Art und Weise aber unzufrieden: Die Kamera zeigte die Richterbank in der Totalen. So könnten sie die Unvoreingenommenheit der Richter nicht durch einen Blick ins Gesicht überprüfen, bemängelten sie.
Das reiche aber nicht aus, um auf einen Verdacht der Befangenheit zu schließen, erklärte das Bundesverfassungsgericht nun. Die beiden Beschwerdeführenden hätten nämlich gerade nicht beanstandet, dass das Finanzgericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war. Nur eine solche unrichtige Besetzung verletze aber das Recht auf den gesetzlichen Richter.
Und nur ein tatsächlich befangener Richter, nicht aber „der fehlende Nahblick und die damit einhergehende Unsicherheit, ob Verhalten oder Gestik und Mimik für eine Befangenheit sprechen könnten“, führe zu einer fehlerhaften Besetzung des Gerichts, führte das Bundesverfassungsgericht aus.
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