Studie: Kindergrundsicherung hat positive Effekte für Betroffene und Wirtschaft

Die Kindergrundsicherung hat einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung zufolge "positive Effekte" für Kinder und ihre Familien sowie für Gesellschaft und Wirtschaft.

Die Kindergrundsicherung hat einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung zufolge „deutliche positive Effekte“ für Kinder und ihre Familien sowie für Gesellschaft und Wirtschaft. Die Kinderarmut sinke durch die Maßnahme „relativ rasch“ um zwei Prozentpunkte, heißt es in der am Freitag veröffentlichten Studie. Außerdem verbesserten sich die Bildungschancen. „Die Kindergrundsicherung steht nicht nur für Armutsbekämpfung, sondern sie ist auch eine wirksame Bildungsinvestition“, erklärte Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) in Berlin.

„Weniger Kinderarmut, langfristig bessere Bildungschancen für Kinder und klare positive Impulse für den Wirtschaftsstandort Deutschland. So lassen sich die Ergebnisse der Studie zusammenfassen“, so Paus weiter. „Die Kindergrundsicherung ist somit auch ein Baustein zur Bekämpfung des Fachkräftemangels.“ Die Kindergrundsicherung führe „mittel- bis langfristig zu positiven Arbeitsmarkt- und Einnahmeeffekten für unsere Sozialversicherungssysteme.“ Sie sei daher „nicht nur eine lohnende Investition in die Zukunft unserer Kinder“, sondern auch „eine wichtige Investition in die Zukunft unserer Volkswirtschaft.“

Die Studienautorinnen und -autoren gehen davon aus, dass nach Einführung der Kindergrundsicherung 282.000 Kinder nicht mehr unterhalb der Grenze der Armutsgefährdung leben müssten. Bis 2050 erhöhe sich diese Zahl unter anderem durch bessere Bildungschancen auf 440.000. Ein „erheblicher Teil der Kinder aus Familien, die durch die Grundsicherung finanziell bessergestellt werden“, erreiche später höhere Bildungsabschlüsse, erwarten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.

Im Jahr 2050 würden demnach 840.000 Menschen mehr ein mittleres bis höheres statt eines niedrigen Bildungsniveaus haben, als es ohne Kindergrundsicherung der Fall wäre. Die so genannte Chancenlücke, die benachteiligte Kinder mit Blick auf ihr zu erwartendes Lebenseinkommen haben, werde durch die langfristige Wirkung der Kindergrundsicherung bis 2050 um 6,8 Prozentpunkte reduziert. Das entspreche einem Rückgang der Chancenungleichheit um gut 15 Prozent.

Die Studie erwartet auch positive Effekte für die Wirtschaft, etwa eine spürbar steigende Beschäftigung. 2050 seien in der deutschen Wirtschaft rund 155.000 Stellen mehr verfügbar als ohne Kindergrundsicherung. Die gesamtwirtschaftliche Produktion werde durch die Kindergrundsicherung im Jahr 2050 erwartbar um 11,3 Milliarden Euro höher ausfallen als ohne deren Einführung. Außerdem gebe es gut 841.000 Erwerbspersonen weniger, die unter der Armutsgefährdungsgrenze leben.

„Die Kindergrundsicherung ist nicht nur ein effektives Instrument zur Bekämpfung von Kinderarmut, sondern auch gut für die Wirtschaft und die öffentlichen Finanzen“, lautet das Fazit der Studie. Diese kritisiert aber den mit der Kindergrundsicherung geplanten einkommensabhängigen Zusatzbetrag für Familien als nicht ausreichend.

„Es ist begrüßenswert, dass mit dem vorliegenden Gesetzentwurf ein Schritt in die Richtung einer Kindergrundsicherung gegangen wird, in der viele Leistungen für Kinder und Jugendliche in einem Instrument zusammengeführt werden. Die aktuell genannten Vorhaben entsprechen aber eher einer Verwaltungsreform als einer echten Kindergrundsicherung“, erklärte Bettina Kohlrausch, wissenschaftliche Direktorin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung.

Die nun geplante Reform nannte sie eine „Rumpfversion“ einer Grundsicherung. Dass diese trotzdem positive Effekte bringe, habe vor allem mit Verwaltungsvereinfachungen zu tun, die es berechtigen Familien erleichtere, ihre Ansprüche geltend zu machen. Im aktuellen System scheiterten viele Eltern daran, etwa den Kinderzuschlag zu beantragen.

Die Koalition hatte sich im vergangenen Sommer auf die Kindergrundsicherung geeinigt. Diese soll ab 2025 wesentliche Familienleistungen bündeln und leichter zugänglich machen. Diese werden bisher teilweise gar nicht in Anspruch genommen, weil Anträge zu kompliziert oder einzelne Leistung nicht bekannt sind.

Paus und Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hatten monatelang über die Höhe der Mittel für die Kindergrundsicherung gestritten. Die Grünen-Ministerin wollte neben der mit der Kindergrundsicherung verbundenen Verwaltungsreform eine deutliche Erhöhung der Sätze erreichen – Lindner sperrte sich aber aus Haushaltsgründen gegen einen solchen Schritt.
© AFP

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