Düsseldorf: Architektenschaft trifft Bauaufsicht

Mehr als 100 Kammermitglieder und Vertreter der Bauaufsichtsbehörden von Düsseldorf, Köln, Essen und Aachen haben sich zu einem Austausch "Architektenschaft trifft Bauaufsicht" getroffen.

Düsseldorf – In Impulsen und Arbeitsgruppen wurde diskutiert, wie die Zusammenarbeit zwischen Architekturbüros und Baugenehmigungsbehörden in NRW verbessert werden kann. „Es geht heute nicht darum, sich gegenseitig den Schwarzen Peter zuzuschieben“, sagte die Moderatorin der Veranstaltung, Susanna Schönrock-Klenner von Senior Concept, augenzwinkernd zur Einführung. Ziel sei es vielmehr, anhand des Abgleiches von Erfahrungen und Erwartungen sowie von Best-Practice-Beispielen daran zu arbeiten, die Abstimmung und Kooperation zu verbessern.

Cornelia Zuschke, Beigeordnete der Landeshauptstadt Düsseldorf, hatte die Veranstaltung mit angeregt auf Basis von Gesprächen, die sie in der Landeshauptstadt bereits mit Architektinnen und Architekten geführt hatte. „Wir sind die beiden Seiten der Medaille – keiner von uns kann ohne den anderen erfolgreich planen und bauen“, betonte sie. Außerdem hatte die Düsseldorfer Beigeordnete über den Städtetag NRW und Deutschland angeregt, stadtübergreifend in den Dialog mit den Planerinnen und Planern zu gehen und konkret auf Novellierungen, Probleme, Herausforderungen und adäquate Kommunikation zu schauen. Die Bauaufsichten am Ende der Genehmigungskette seien immer wieder im Fokus der Kritik und sicher sei, „da ist noch Luft nach oben, selber manches besser zu machen, zu moderieren, verbindlicher und berechenbarer zu sein“, sagte Zuschke, aber alle Beteiligten am Genehmigungsprozess, wie Architekten und Investoren, müssten auch ihren Rollen gerecht werden, besser und wertschätzender zusammenarbeiten, um Hürden, die sich immer häufiger ergeben, besser und vor allem gemeinsam durch die jeweilige Kompetenz und Kenntnis zu überwinden.

Aachens Baudezernentin Frauke Burgdorff betonte, dass die Baubehörden „Teil von Wertschöpfung sind, nicht Teil von Verhinderung“. Die Digitalisierung sei wichtig, aber nicht per se die Problemlösung. „Wir haben in dieser Aufgabe noch einen Weg zu gehen. Aktuell kommt die Digitalisierung on top zu der Arbeit, die wir sowieso zu erledigen haben.“ Frauke Burgdorff warb dafür, die Bauaufsichten zu stärken, damit die freien Architektinnen und Architekten kompetente und engagierte Partner auf der anderen Seite des Schreibtischs fänden. Burgdorff wies darauf hin, dass das Bauantragsverfahren zwar ein entscheidender Faktor innerhalb jedes Bauprozesses sei, aber in der Branche kaum wertgeschätzt werde.

Grundlage für die gegenseitige Wertschätzung sei eine partnerschaftliche Kommunikation, meinte Ricardo Ferreira, Architekt aus Meerbusch. „Wir bräuchten mehr Zeit für das fachliche Gespräch, damit wir gemeinsam auch kreative Lösungen finden können.“

„Wenn man in der Bauaufsicht seine Arbeit gut macht, merkt es keiner“, sagte auch Martin Harter, Baudezernent der Stadt Essen. Ein Hauptproblem sei der Personalmangel. „Daraus resultiert die Erwartungshaltung der Politik, dass wir einfach Bauanträge möglichst schnell durchlaufen lassen.“ Wie seine Kolleginnen warb auch Martin Harter dafür, dass die Bauaufsichten in den jeweiligen Stadtverwaltungen selbstbewusster auftreten.

Markus Greitemann, Beigeordneter der Stadt Köln, sah als Herausforderung, den Dialog mit den Architekten und den Bürgern der Stadt wieder verstärkt zu suchen. Zudem wolle er die Digitalisierung vorantreiben. „Wir haben bislang erst 36 digitale Bauanträge bekommen. Erst mal läuft es langsamer, weil beide Seiten erst an die neuen Abläufe herangeführt werden müssen“, erläuterte er. „Wir haben einen Dialogprozess mit der Kölner Architektenschaft gestartet, um uns besser abzustimmen.“

Einig waren sich die Baudezernentinnen und Baudezernenten, dass das Fachpersonal der Bauaufsicht angemessen bezahlt werden müsse. „Lassen Sie uns – in den großen Städten unseres Bundeslandes – gemeinsam darauf hinwirken, dass die Eingruppierung unserer Kolleginnen und Kollegen angemessener wird“, warb Markus Greitemann. Ein gemeinsames Anliegen war darüber hinaus eine höhere „Dauerhaftigkeit der Landesbauordnung.“

Ein Wunsch, durch den sich Diane Jägers in die „Höhle der Löwen“ versetzt sah. Die Leiterin der Abteilung „Bauen“ im NRW-Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung erläuterte, dass die Novellierung der Landesbauordnung gegenwärtig im Landtag beraten werde und nach dem Wunsch von Ministerin Ina Scharrenbach am 1. Januar 2024 in Kraft treten solle. „Die Landesbauordnung unterliegt einem ständigen Revisionsprozess“, erklärte Diane Jägers. Die Forderungen zur energetischen Erneuerung übten auf alle Regulierungen einen enormen Druck aus.

Über die „Rahmenbedingungen des Baugenehmigungsverfahrens“ sprach Dr. Gerd-Ulrich Kapteina, der eine „dramatische Zuspitzung“ der Spannungen zwischen Bauwilligen und Baubehörden feststellte. Das Verständnisdefizit resultiere häufig daraus, dass die Baubehörden „durch das Land hinweg drastisch personell unterbesetzt sind“, erläuterte Dr. Kapteina. Ein weiteres Problem sei die überzogene Regelungsdichte in Deutschland, die nach seiner Beobachtung dazu führe, dass Investoren in andere Länder abwandern. Der ehemalige Richter warb für mehr Verlässlichkeit in der Gesetzgebung – und für eine Konzentration des Gesetzgebers auf die Kernaufgabe „Gefahrenabwehr“ im Baurecht. Er appellierte an die Bauverwaltungen: „Im Zweifel für die Baufreiheit entscheiden!“ Hilfreich seien auch informelle Abstimmungsgespräche „bei hinreichender Expertise auf beiden Seiten“ und ein spezifisches Konfliktmanagement für Beschwerdeeingänge.

Die Sicht der Architektenschaft wurde durch Vertreterinnen und Vertreter des Berufstandes vorgetragen. „Schatz wir müssen reden“, lautete die Aufforderung von Nadine Weber. Die Architektin aus dem Kreis Soest stellte klar, dass auch in der Beziehung zwischen Bauaufsichten und Architektenschaft der Ton die Musik mache.

Architektin Bettina Haase plädierte für die Bauwende. „Nutzt den Bestand und macht Umnutzungen, Aufstockungen und Erweiterungen einfacher“, appellierte sie an die Bauaufsichten und die Gesetzgeber.

Dazu könne auch die weitere Digitalisierung der Bauverwaltung beitragen, sagte Architekt Ricardo Ferreira. Er mahnte einheitliche Standards an, um die Prozessabwicklung digital weiter zu vereinfachen und zu beschleunigen.

„Is Time Money?“ fragte die Düsseldorfer Architektin Friederike Proff, die auch Mitglied im Vorstand der Architektenkammer NRW ist. Sie beantwortete ihre Frage positiv, indem sie die wirtschaftlichen Folgen langwieriger und aufwendiger Verfahren schilderte.

Auch seitens der Bauaufsicht wurde in Diskussionsforen praktische Erfahrungen geschildert. Ulrike Lappeßen, Amtsleitung der Bauaufsicht Stadt Düsseldorf, reagierte auf den Wunsch der Architektenschaft, mangelhafte Unterlagen nicht nur mit der Bau-Prüf-Verordnung zu begründen, sondern auch die Relevanz für das jeweilige Bauvorhaben zu benennen. Martina Stefens, Amtsleiterin der Bauaufsicht Essen, erläuterte den in Essen möglichen Ablauf der digitalen Antragseinreichung. Ihrer Meinung nach sollte eine digitale Einreichung von Bauanträgen in allen Bauaufsichtsbehörden aufgebaut werden. Stefan Kriege, Amtsleiter der Bauaufsicht Köln, berichtete aus der Praxis über die prozessorientierte und transparente Aufbauorganisation der Genehmigungsverfahren.

Im Anschluss an die Impulsvorträge fand eine Gruppenarbeit im Rahmen eines so genannten Welt Café statt. Die Teilnehmenden hatten dabei die Gelegenheit, sich in vier Gruppen zu den Themen „Transparenz und Kommunikation im Genehmigungsverfahren“, „Bauen im Bestand“, „Digitalisierung“ und „Vollständigkeit von Bauanträgen, Ablauf des Genehmigungsverfahrens und häufige Fallstricke“ auszutauschen. Dabei wurden neben bestehenden Herausforderungen auch mögliche Verbesserungspotentiale diskutiert. Die Ergebnisse der Gruppenarbeit wurden am Ende der Konferenz im abschließenden Plenum präsentiert, wobei deutlich wurde, dass auch zukünftig zu allen behandelten Themen ein fortlaufender, aktiver Austausch sinnvoll und erforderlich ist. So zeigten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in der Abschlussdiskussion einig, dass Kommunikation und ein respektvolles Miteinander der Schlüssel zu einer verbesserten Zusammenarbeit seien. Die Veranstaltung „Architektenschaft trifft Bauaufsicht“ war ein erster und wichtiger Impuls. Seitens der Planenden wurde aufgrund der regen Nachfrage und des konstruktiven Austauschs eine Fortsetzung gewünscht.

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