Kritik an Debatte über Syrien-Geflüchtete – Mehrheit seit Jahren in Deutschland

Die Art und Weise, wie seit dem Machtwechsel in Syrien hierzulande über den Umgang mit Geflüchteten aus Syrien diskutiert wird, stößt weiter auf Kritik.

Der SPD-Außenpolitiker Michael Roth sprach am Donnerstag im Deutschlandfunk von „unsäglicher Dampfplauderei“. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts waren Ende 2023 im Ausländerzentralregister 712.000 schutzsuchende Syrerinnen und Syrer verzeichnet, von denen die meisten schon seit Jahren in Deutschland leben.

„Die Lage vor Ort ist höchst dynamisch und die Bedeutung der aktuellen Ereignisse für die Zukunft der Menschen in Syrien lässt sich derzeit nicht vorhersagen“, betonte der Generalsekretär des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), Christian Reuter. Politische Forderungen nach einer „Rückführung von syrischen Geflüchteten“ seien daher „verfrüht und nicht richtig“, wandte er sich gegen Forderungen unter anderem aus der Union.

Sehr viele Menschen aus Syrien hätten in Deutschland eine neue Heimat gefunden, gab Reuter außerdem zu bedenken. „Die Integration ist vielfach gelungen und die Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt ist hoch.“ Das DRK rufe „alle Akteure zu Besonnenheit in der aktuellen Debatte rund um geflüchtete Menschen aus Syrien auf und steht fest an der Seite derer, die nach Deutschland geflohen sind“, fügte Reuter hinzu.

Roth kritisierte, dass es derzeit in der Debatte in Deutschland beim Thema Syrien häufig mehr um Geflüchtete gehe als um die Sicherheitslage vor Ort. Vorrang müsse jetzt haben, dass „Syrien ein Minimum an Staatlichkeit bekommt“ und dass „die Menschen dort versorgt werden und Hoffnung gewinnen“, hob der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages hervor.

Von den hier lebenden Schutzsuchenden aus Syrien kamen laut Statistischem Bundesamt rund die Hälfte zwischen 2014 und 2016 nach Deutschland. Zwölf Prozent sind hier geboren. Aktuell umfasst diese Gruppe insgesamt 22 Prozent aller Schutzsuchenden in Deutschland. Das ist die zweitgrößte Gruppe nach den Ukrainerinnen und Ukrainern mit einem Anteil von 31 Prozent.

88 Prozent der syrischen Schutzsuchenden haben laut der Statistik einen anerkannten Schutzstatus. Meist handelt es sich dabei um den Status von Flüchtlingen nach der Genfer Flüchtlingskonvention oder um subsidiären Schutz. In 90 Prozent der Fälle war dieser Schutzstatus befristet.

Subsidiärer Schutz wird dann gewährt, wenn weder individueller Flüchtlingsschutz gemäß der Genfer Konvention noch eine Asylberechtigung auf Basis des Grundgesetzes gewährt werden, jedoch den Betroffenen im Herkunftsland ernsthafter Schaden droht – etwa durch einen Bürgerkrieg. Bei rund elf Prozent der Schutzsuchenden aus Syrien war der Schutzstatus den Angaben zufolge noch offen. Nur bei einem Prozent wurde er abgelehnt.

Zwischen Januar und November 2024 verzeichnete das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 217.000 Erstanträge auf Asyl. Davon wurde rund jeder dritte von syrischen Staatsangehörigen gestellt. Auch EU-weit stellten Menschen aus Syrien die größte Gruppe unter den Schutzsuchenden.

Insgesamt lebten Ende 2023 in Deutschland knapp 1,3 Millionen Menschen mit syrischer Einwanderungsgeschichte. 17 Prozent von ihnen besaßen die deutsche Staatsbürgerschaft. Von den 863.000 eingewanderten Syrerinnen und Syrern im erwerbsfähigen Alter waren 42 Prozent berufstätig. Hinzu kamen zahlreiche Menschen in Schule oder Ausbildung.

Allein im vergangenen Jahr wurden rund 75.000 Menschen aus Syrien eingebürgert. Durchschnittlich lebten die aus Syrien Eingewanderten Ende 2023 bereits seit über acht Jahren in Deutschland. Zum Zeitpunkt ihrer Einreise waren sie im Schnitt 22,9 Jahre alt.

2024 dürfte die Zahl der Einbürgerungen nach Einschätzung von Nichtregierungsorganisationen weiter angestiegen seien – auch aufgrund des Mitte des Jahres in Kraft getretenen neuen Staatsangehörigkeitsrechts. Zudem waren zu diesem Zeitpunkt nach Angaben des Mediendienstes Integration insgesamt mehr als 200.000 vorliegende Anträge auf Einbürgerung noch nicht bearbeitet, darunter ein hoher Anteil von Syrerinnen und Syrern.
© AFP

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