Unternehmen zeigen sich gern nachhaltig und werben mit Klimaneutralität – doch an solche Werbung könnten strenge Maßstäbe angelegt werden. Das zeichnete sich bei einer Verhandlung über eine Werbeanzeige des Süßwarenherstellers Katjes am Donnerstag am Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe ab. Entschieden ist der Fall aber noch nicht. (Az. I ZR 98/23)
Die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs war vor Gericht gezogen. Sie störte sich an einer Katjes-Anzeige vom Februar 2021 in der „Lebensmittel Zeitung“, einer Fachzeitung der Branche. Dort hieß es: „Seit 2021 produziert Katjes alle Produkte klimaneutral.“ Auf der abgebildeten Fruchtgummi-Packung war das Logo „klimaneutral“ abgebildet. Zudem war die URL der Website des Partnerunternehmens ClimatePartner zu sehen, über einen QR-Code war die Seite direkt zu erreichen.
Diese Anzeige hält die Wettbewerbszentrale für irreführend. Denn bei der Produktion der Fruchtgummis entstehen durchaus Treibhausgasemissionen – allerdings kompensiert Katjes das mit der Unterstützung von Klimaschutzprojekten. Der Hersteller liefere in der Anzeige aber nicht genügend Informationen, kritisierte die Wettbewerbszentrale weiter. In der Werbung müsse darauf hingewiesen werden, dass Klimaneutralität nur durch solche Kompensationszahlungen erreicht werde.
Das Landgericht Kleve und in der Berufung das Oberlandesgericht Düsseldorf gaben Katjes Recht und erlaubten die Werbung, woraufhin die Wettbewerbszentrale sich an den BGH wandte. Dieser soll das Düsseldorfer Urteil überprüfen und die Frage, wann das Bewerben eines Produkts als klimaneutral zulässig ist, höchstrichterlich klären.
In einer ersten Einschätzung sah der zuständige Erste Zivilsenat in Karlsruhe einige mögliche Probleme. So habe das Oberlandesgericht eventuell nicht ausreichend berücksichtigt, dass an umweltbezogene Werbung besondere rechtliche Maßstäbe angelegt würden, erklärte der Vorsitzende Richter Thomas Koch. Schon in den 80er-Jahren sei entschieden worden, dass die Anforderungen an Eindeutigkeit und Klarheit hier besonders streng seien.
Die Beschreibung als „klimaneutral“ sei mehrdeutig und könne entweder bedeuten, dass Emissionen vermieden würden oder aber dass sie kompensiert würden. Möglicherweise müsste erklärt werden, wie die Klimaneutralität erreicht wurde.
Die Anwältin von Katjes argumentierte in der Verhandlung unter anderem damit, dass die Anzeige Fachkreise anspreche, also gewerbliche Kunden. Bei ihnen sei davon auszugehen, dass sie Fachwissen besäßen. Sie hätten demnach keinen so hohen Informationsbedarf wie einzelne Verbraucher.
Ein Urteil fiel am Donnerstag noch nicht – der BGH will es zu einem späteren Zeitpunkt verkünden. Erst im Januar hatte das Europaparlament ein Gesetz zum sogenannten Greenwashing beschlossen. Demnach sollen Slogans wie „umweltfreundlich“, „klimaneutral“ oder „biologisch abbaubar“ künftig nicht mehr ohne belastbare Beweise auf Produkte gedruckt werden.
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