Kiffen ist jetzt erlaubt – Buschmann erwartet Entlastung von Justiz und Polizei

Seit Montag dürfen Erwachsene in Deutschland legal Cannabis besitzen und konsumieren.

Erwachsene in Deutschland dürfen seit Montag legal Cannabis besitzen und konsumieren, wenn auch mit einigen Einschränkungen. In Berlin feierten ab Mitternacht rund 1500 Menschen am Brandenburger Tor die Teil-Legalisierung. Justizminister Marco Buschmann (FDP) erwartet „perspektivisch“ eine Entlastung von Justiz und Polizei. Der Suchtbeauftragte der Regierung, Burkhard Blienert (SPD) forderte, nun die Modellversuche für den Verkauf von Cannabis in staatlich lizenzierten Geschäften zu beschließen.

Beim „Ankiffen“ am Brandenburger Tor war etwa der 23-jährige Marco dabei. Er sagte AFP, nach der bisherigen Gesetzeslage seien Cannabis-Konsumierende „viel zu sehr kriminalisiert“ worden. „Ob du dir die Birne wegsäufst oder kiffst, es macht keinen Unterschied. Wir brauchen keine Restriktionen.“

Buschmann sagte den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) vom Montag, die Umstellung infolge des Gesetzes „bedeutet einmalig einen höheren Arbeitsaufwand, aber perspektivisch werden Polizei und Justiz entlastet“. Sie könnten noch stärker relevanter Kriminalität nachgehen.

Derzeit gebe es mehr als 100.000 Strafverfahren gegen Cannabis-Konsumenten. Dies sei ein Zeichen, dass die bisherige Cannabis-Politik gescheitert sei, betonte Buschmann. „Sie hat Polizei, Staatsanwaltschaften und Justiz stark belastet, aber den Konsum in Wahrheit doch kaum unterbunden. Konsumenten wurden stattdessen in die Hände von Dealern mit minderwertigen Produkten und harten Drogen getrieben“, sagte der FDP-Politiker.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Thorsten Frei (CDU), rechnet dagegen mit einer „enormen“ Zusatzbelastung für Polizei und Justiz. Viele Folgefragen seien ungelöst, das Gesetz sei „überhastet“ eingeführt worden, sagte der den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

„Allein durch die im Gesetz enthaltene Amnestieregelung müssen in der Justiz über 100.000 Strafakten durchgearbeitet und teilweise Gesamtstrafen neu berechnet werden. Und das, obwohl heute schon tausende Stellen bei Gerichten und Staatsanwaltschaften fehlen.“

Buschmann verteidigte dies: „Seit den 1970er Jahren gilt der auch gesetzlich verankerte Grundsatz: Wenn eine Tat als legal eingestuft wird, müssen Strafen, die in der Vergangenheit wegen dieser Tat verhängt wurden, nicht mehr vollstreckt werden.“ Das sei eine Frage der Gerechtigkeit und der Gleichbehandlung von Menschen.

Frei kritisierte in den Funke-Zeitungen zudem das „gesundheitliche Risiko vor allem für junge Menschen“. Die Union lehne das Gesetz „ganz grundsätzlich ab“. Im Falle eines Regierungswechsels werde sie es wieder rückgängig machen.

Laut dem neuen Gesetz dürfen Volljährige bis zu 25 Gramm Cannabis mit sich führen und den Stoff auch selbst anbauen. Der Konsum im öffentlichen Raum ist beschränkt erlaubt – in unmittelbarer Gegenwart von Minderjährigen und in der Nähe von Schulen, Kitas und Sportstätten etwa ist er verboten.

Zuhause ist die Aufbewahrung von bis zu 50 Gramm Cannabis erlaubt, für den Eigenanbau dürfen drei Pflanzen gezogen werden. Vom 1. Juli an sollen Anbau und Abgabe über Anbauvereine, sogenannte Cannabis-Clubs, ermöglicht werden.

Der Drogen- und Suchtbeauftragte der Bundesregierung, Burkhard Blienert (SPD), forderte die Ampelkoalition auf, nun auch die Modellversuche für den kommerziellen Handel zu beschließen. „Mit dem ersten Schritt schaffen wir erst einmal nur Verbesserungen für regelmäßige Konsumierende. Jetzt ist aber unbedingt notwendig, die Sache rund zu machen und die Modellprojekte als zweite Säule zu beschließen“, sagte er den RND-Zeitungen.

„Erst damit sorgen wir dafür, dass auch Gelegenheitskonsumierende nicht mehr zum Dealer gehen müssen“, sagte Blienert. Wichtig sei, dass es beim Verkauf in staatlich lizenzierten Geschäften ein striktes Werbeverbot gebe und der Jugendschutz eingehalten werde.

Die Bundesregierung hatte ursprünglich auch eine Abgabe von Cannabis über lizenzierte Geschäfte geplant. Wegen Bedenken der EU-Kommission wurde dieser Plan zunächst jedoch fallengelassen.

Im Straßenverkehr bleibt es vorerst dabei, dass das Führen eines Kraftfahrzeugs unter Drogeneinfluss verboten ist. Eine unabhängige Expertengruppe des Bundesverkehrsministeriums hat sich hier aber für einen Grenzwert von 3,5 Nanogramm pro Milliliter Blutserum für den Cannabis-Wirkstoff THC ausgesprochen. Begründet wurde dies unter anderem mit den langen Nachweiszeiten von Cannabis: Autofahrerinnen und Autofahrer sollen in Zukunft nur belangt werden, wenn der Konsum „in einem gewissen zeitlichen Bezug“ zum Fahren erfolgte. Zur Einführung des vorgeschlagenen Grenzwertes muss das Straßenverkehrsgesetz geändert werden.
© AFP

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